Von Prof. Dr. Stefan Engels und Saskia Ott
Das Oberlandesgericht München (OLG) hat entschieden, dass es sich bei den mit einer kostenlosen Mitgliedschaft verbundenen eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten und den mit einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft verbundenen weiteren Nutzungsmöglichkeiten eines Partnerschaftsportals um ähnliche Dienstleistungen im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG handelt (Urt. v. 15.02.2018 ‒ Az.: 29 U 2799/17).
Permitted e-mail advertising to existing customers
The Higher Regional Court of Munich has ruled that the limited usage possibilities of a partnership portal associated with a free membership and the expanded usage possibilities associated with a paid membership are similar services within the meaning of § 7 (3) No. 2 UWG. According to the court, an advertising e-mail within a free membership does not constitute an unreasonable harassment (§ 7 (3) UWG).
Die Beklagte betreibt eine Online-Partnerschaftsbörse mit der Möglichkeit des Abschlusses von kostenlosen oder kostenpflichtigen Mitgliedschaften. Im Rahmen der kostenlosen Mitgliedschaft kann der Kunde lediglich Fotos anderer Nutzer ansehen, nicht jedoch darüber hinausgehende Aktionen durchführen. Der Kläger registrierte sich für eine kostenlose Mitgliedschaft und erhielt nach der Durchführung des Registrierungsprozesses, in welchem er u.a. seine E-Mail-Adresse angab, eine Werbe-E-Mail von der Beklagten. Mit dieser warb die Beklagte um eine kostenpflichtige Mitgliedschaft. Der Kläger hatte zuvor nicht ausdrücklich sein Einverständnis mit dem Erhalt einer solchen E-Mail erklärt. Die E-Mail enthielt folgenden Widerspruchshinweis:
„Um diese Mail nicht mehr zu erhalten, klicken Sie hier.“
Nach Auffassung des Gerichts stellt die Werbe-E-Mail keine unzumutbare Belästigung gem. § 7 Abs. 3 UWG dar. Die Beklagte erhalte die E-Mail-Adressen der Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Dienstleistung. Unter „Verkauf“ sei jeder Austauschvertrag und nicht nur der Kaufvertrag gem. § 433 BGB zu verstehen. Durch die Registrierung des Beklagten entsteht nach Auffassung des Gerichts ein solcher Austauschvertrag. Die Beklagte gewinne den Kunden als Mitglied und könne ihn somit bei der Bewerbung ihres Portals, das durch eine größere Anzahl an Mitgliedern für potentielle Kunden interessanter werde, mitzählen und könne ihm darüber hinaus, wenn er sich auf dem Portal aufhält, Werbebotschaften schicken. Der Kunde erhalte im Gegenzug die Möglichkeit, auf dem Portal Bilder anderer Mitglieder anzuschauen.
Die Beklagte verwende die E-Mail-Adressen der kostenlos registrierten Kunden auch zur Direktwerbung für eigene ähnliche Dienstleistungen i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Eine ähnliche Dienstleistung liege regelmäßig vor, wenn die Produkte austauschbar sind oder dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck dienen. Die Leistung, die der Kunde durch die kostenlose Registrierung erhält (Möglichkeit zum Anschauen anderer Nutzerfotos) dient nach der Auffassung des Gerichts demselben Verwendungszweck wie die Leistung, die der Kunde nach Abschließen einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft erhält. Die kostenpflichtige Mitgliedschaft verfolge den Zweck der kostenlosen Mitgliedschaft lediglich in wesentlich effizienterer Weise, da der Kunde zusätzlich die Möglichkeit erhalte, andere Mitglieder zu kontaktieren. Somit verfolgen beide Mitgliedschaften den gemeinsamen Zweck, über die Plattform einen potentiellen Partner zu finden. Dabei stelle die kostenlose Mitgliedschaft lediglich einen der kostenpflichtigen Mitgliedschaft vorgelagerten Schritt dar.
Auch sei der Widerspruchshinweis verständlich und ausreichend i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG. Insbesondere sei es bereits denklogisch bedingt, dass sich der Hinweis nicht auf bereits erhaltene E-Mails bezieht, sondern lediglich auf zukünftige. Das Gericht stellt außerdem klar, dass es sogar missverständlich wäre, wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen würde, dass der Kunde auch der Weitergabe der E-Mail-Adresse an Dritte widersprechen kann. Ein solcher Hinweis impliziere nämlich, dass eine derartige Verwendung ohne ausdrückliche Einwilligung zulässig wäre. Tatsächlich sei dies jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 1-3 UWG der Fall.