Von Prof. Dr. Stefan Engels und Florian Stendebach
Im letzten Blogbeitrag haben wir die Bestätigungslösung für telefonisch geschlossene Energielieferungsverträge besprochen. Diese vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vorgeschlagene Regelung hätte weitreichende Auswirkungen auf die bisherige Praxis von Unternehmen, Telefonkommunikation als Marketinginstrument zu nutzen. Der Entwurf sieht außerdem neue Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten für Einwilligungen in Telefonwerbung vor, die bei einem Verstoß hohe Bußgelder auslösen können.
The German Federal Ministry of Justice and Consumer Protection has recently published a draft law to strengthen the rights of consumers. The ministry is willing to fight against unfair consumer contracts and illegal telephone advertising . The draft has massive impacts on the work of firms which use telephone communication on behalf of marketing actions.
Unlautere Telefonwerbung ist bereits heute bußgeldbewehrt
Telefonwerbung gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern ist bereits heute nach § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ohne ausdrückliche Einwilligung wettbewerbsrechtlich unzulässig. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift ist gemäß § 20 UWG mit einem Bußgeld von bis zu 300.000 Euro bewehrt. Der nun vorgestellte Gesetzesentwurf sieht in einer neuen UWG-Vorschrift eine weitergehende Dokumentationspflicht für Einwilligungen in Telefonwerbung vor:
§ 7a UWG Einwilligung in Telefonwerbung:
(1) Wer mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher wirbt, hat dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form zu dokumentieren und gemäß Absatz 2 Satz 1 aufzubewahren.
(2) Die werbenden Unternehmen müssen den Nachweis […] fünf Jahre ab Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung […] aufbewahren. […].“
Eine Verschärfung des Ordnungswidrigkeitentatbestand § 20 UWG soll zudem die Einhaltung der genannten Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten absichern. Ein Verstoß könnte zukünftig mit einer Strafzahlung von bis 50.000 Euro geahndet werden:
„(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- […]
- entgegen § 7a Absatz 1 eine dort genannte Einwilligungnicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert oder nicht oder nicht mindestens fünf Jahre aufbewahrt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann […] , in Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Sanktionierung unerlaubter Telefonwerbung dadurch effizienter gestaltet werden. Gleichzeitig sollen Anreize für einen Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften reduziert werden. Werbenden Unternehmen selbst soll es in Zukunft leichter fallen, die Wirksamkeit einer Einwilligung zu prüfen und nachzuvollziehen.
Gesetzesentwurf verbessert die Position der Bundesnetzagentur
Der Vorstoß des BMJV führt jedoch zu keiner Verbesserung der rechtlichen und tatsächlichen Situation von Verbraucherinnen und Verbrauchern und ändert nichts an der bereits bestehenden Rechtslage. Schon jetzt müssen Unternehmen in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung beweisen, dass die angerufene Person in Telefonwerbung eingewilligt hat. Diese Rechenschaftspflicht ergibt sich bereits aus Art. 5 Abs. 2 und Art. 7 DSGVO.
Das BMJV begründet die Verschärfung des § 20 UWG schließlich damit, dass in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zunächst die Bundesnetzagentur den Nachweis der Tatbestandsverwirklichung erbringen muss – das heißt, dass nicht wirksam in Telefonwerbung eingewilligt wurde. Dies gestalte die Verfahren für die Behörden umfangreich und kompliziert.
Durch die neuen strafbewehrten Vorschriften des § 20 UWG wird die Beweislast jedoch im Prinzip umgekehrt und ein neues Schutzgut, das der „lückenlosen Dokumentation“ geschaffen. Es ist äußerst bedenklich, dass ein neuer Ordnungswidrigkeitentatbestand eingeführt werden soll, der zudem erhebliche Bußgelder vorsieht, nur um der Bundesnetzagentur die Arbeit zu erleichtern. Verfassungsklagen dürften dagegen Erfolg haben.
Die wichtigsten Neuregelungen des Gesetzesentwurfs für faire Verbraucherverträge und ihre Auswirkungen besprechen wir in weiteren Blogbeiträgen: