Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in Kraft getreten

Von Prof. Dr. Stefan Engels und Aileen Faustmann

Am 2. Dezember 2020 ist das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs (nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 1. Dezember 2020) in Kraft getreten (Ausnahme: der neue § 8 Abs. 3 UWG erst am 1. Dezember 2021). Es basiert auf dem gleichnamigen Gesetzesentwurf, der bereits am 07. August bewertet wurde. Das Gesetz erhöht die Anforderungen an die Befugnis zur Geltendmachung von Ansprüchen, es verringert finanzielle Anreize für missbräuchliche Abmahnungen und beschränkt der Anwendungsbereich des fliegenden Gerichtsstands wurde beschränkt. Durch die Änderungen werden die Transparenz erhöht und die Position des Anspruchsgegners wurde gestärkt.

The law has determined higher requirements for the active legitimacy, reduced financial incentives for abusive warnings and limited the ambit of the itinerant tribunal. The amendments increase transparency and strengthen the position of the warned parties.

Im Einzelnen sind folgende wesentliche Änderungen beschlossen:

Beschränkung der Aktivlegitimation

Zum einen werden die Anforderungen an die Aktivlegitimation verschärft. Die Anspruchsberechtigung wird in § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG beschränkt auf Mitbewerber, die in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen, was damit von Anspruchsberechtigen vorgetragen und ggf. unter Beweis gestellt werden muss. Der Gesetzgeber hat hierbei zwar offen gelassen, ob sich die „nicht unerhebliche Geschäftstätigkeit“ auf das konkrete Wettbewerbsverhältnis beziehen muss oder allgemein ein nicht unerheblicher Geschäftsbetrieb ausreichen soll. Der Zielsetzung der Norm würde aber letzteres widersprechen.

Des Weiteren sind Wirtschaftsverbände nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nur noch dann anspruchsberechtigt, wenn sie sich auf einer Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände eintragen lassen. Die Eintragung kann nur erfolgen, sofern die Verbände quantitative sowie qualitative Anforderungen erfüllen, die im künftigen § 8b UWG konkretisiert werden. Der Verband muss insbesondere mindestens 75 Unternehmer als Mitglieder haben und zum Zeitpunkt der Abmahnung seit mindestens einem Jahr seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen haben. Die Überwachung der Anforderungen obliegt dem Bundesamt für Justiz.

Regelbeispiele für Rechtsmissbrauch

Zum anderen wird der Missbrauchstatbestand runderneuert. Die bisherige Regelung des § 8 Abs. 4 UWG wird nunmehr abgebildet durch § 8c Abs. 1 UWG und ergänzt durch eine Reihe von Regelbeispielen, wann Rechtsmissbrauch anzunehmen ist. Die Regelbeispiele sind als Vermutungen ausgestaltet, die der Anspruchsteller entkräften kann. Sie sollen dem Anspruchsgegner die Darlegung eines Missbrauchs erleichtern, der nach Erfahrungen des Autors häufiger vorliegt, als die Gericht bisher glauben wollten.

Beispielsweise enthält § 8c Abs. 2 Nr. 2 UWG die wichtige Vermutung, dass es sich bei einem krassen Missverhältnis zwischen der Anzahl der Abmahnungen und dem Umfang der Geschäftstätigkeit um Missbrauch handelt, wenn also die ggf. entstehenden Kosten/Schäden nicht von den Einnahmen des Abmahnenden gedeckt sind. Unter Umständen muss der Anspruchsteller zum Umfang seiner Geschäftstätigkeit vortragen. Ob jeweils auch aufgeklärt werden muss, wie viele Abmahnungen insgesamt verschickt wurden und werden und somit das Verhältnis „Abmahnung – Geschäftsumfang“ konkret ermittelt werden kann, ist nicht ausdrücklich geregelt, entspräche aber dem Sinn und Zweck der Regelung.

Formale Anforderungen an die Ausgestaltung einer Abmahnung

Außerdem normiert die Neuregelung des § 13 Abs. 2 UWG die inhaltlichen Ausgestaltungen einer Abmahnung. Wie eine Abmahnung künftig formuliert werden muss und welche Informationen Bestandteil sein müssen, ist fortan ausdrücklich im Gesetz zu lesen. Zusätzlich zur bisherigen Rechtslage müssen die Mitbewerber nun den Umfang des Vertriebs ihrer Waren und Dienstleistungen angeben. Weiterhin ist notwendig, dem Anspruchsgegner mitzuteilen, ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch für die Kosten der Abmahnung besteht. Details werden die Gerichte im Sinne Regelung herausarbeiten müssen.

Beschränkung des Kostenerstattungsanspruchs bei berechtigter Abmahnung

Die Regelung des künftigen § 13 Abs. 4 UWG beschränkt den Anspruch auf Kostenerstattung einer berechtigten Abmahnung, wenn Gegenstand der Abmahnung Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten sind, die im elektronischen Geschäftsverkehr auf Telemedien begangen werden. Einen zweiten Ausschluss der Kostenerstattung normiert die Regelung für Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) durch Unternehmen sowie gewerblich tätige Vereine, sofern sie weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen. Damit bestätigt der Gesetzgeber jedoch Umkehrschluss seine Rechtssicht, dass Verstöße gegen die DS-GVO grundsätzlich wettbewerbsrechtlich geltend werden können, was noch nicht vom Europäischen Gerichtshof bestätigt wurde und äußerst zweifelhaft ist.

Des Weiteren entsteht durch die Neuregelung ein Kostenerstattungsanspruch des Anspruchsgegners, wenn die Abmahnung unberechtigt oder formal fehlerhaft ausgestaltet wird.

Beschränkung des fliegenden Gerichtsstandes

Die im Vorwege sowohl intensiv als auch kontrovers diskutierte Änderung betrifft den sogenannten fliegenden Gerichtsstand, der mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs zwar im Ergebnis nicht insgesamt abgeschafft, zumindest aber doch erheblich eingeschränkt wird. Für alle Verstöße im Internet oder im Online-Handel („im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“) gilt zukünftig nur noch der allgemeine Gerichtsstand, also das Gericht am Sitz des Beklagten. Da die Zahl derartiger Verstöße zunimmt, dürfte die Einschränkung weitreichende Wirkung haben.