OLG Frankfurt zu Reisekosten von Großkanzleianwälten

Von Linn Wotka und Leonie Koch

OLG Frankfurt a.M.: Die Reisekosten eines Rechtsanwalts zu einem Gerichtstermin sind auch dann erstattungsfähig, wenn die Kanzlei ein weiteres Büro am Gerichtsort hat und zu den dortigen Anwälten ein formelles Mandatsverhältnis besteht. Der sachbearbeitende Rechtsanwalt muss sich im Termin nicht durch einen Kollegen aus dem örtlichen Büro vertreten lassen. Erforderlich ist jedoch ein besonderes Vertrauensverhältnis.

Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. (OLG) hat mit Beschluss vom 24. März 2020, Az: 18 W 32/20 über die Erstattung von Reisekosten für die Anreise einer Hamburger Rechtsanwältin von DLA Piper zu einem Gerichtstermin in Frankfurt a.M. entschieden. Gegen die Erstattung der Reisekosten war vorgebracht worden, dass die Kanzlei den Termin durch einen Vertreter aus dem Frankfurter Büro hätte wahrnehmen lassen können.

The Higher Regional Court Frankfurt a.M. (OLG) decided on the reimbursement of travel expenses for the journey of a lawyer from DLA Piper to a court hearing. It had been argued against the reimbursement of travel expenses that the law firm could have sent a lawyer from their Frankfurt office to attend the court hearing.

Hintergrund

Im Rahmen eines pressrechtlichen Verfahrens des Hamburger Teams von DLA Piper musste das OLG Frankfurt a.M. über die Anfechtung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses des LG Frankfurt entscheiden. In diesem wurden der unterlegenen gegnerischen Partei unter anderem die Erstattung der Reisekosten der aus Hamburg anreisenden Rechtsanwältin auferlegt. Die Anfechtung stütze sich in erster Linie darauf, dass die Kanzlei neben dem Büro in Hamburg unter anderem auch ein Büro in Frankfurt a.M. unterhalte und somit eine/n Kolleg*in aus den eigenen Reihen mit der Wahrnehmung des Termins hätte beauftragen können.

Räumliche Nähe als zwingendes Erfordernis bei der Rechtsanwaltsauswahl?

Die Kostenschuldnerin hatte aufgrund der auf dem Internet-Auftritt präsentierten „geschlossene Einheit” der Sozietät sowie deren Vertretung am Ort des Prozessgerichts vorgebracht, dass die Anreise der Hamburger Rechtsanwältin nicht erforderlich gewesen sei und ihr deswegen die Erstattung der Reisekosten nicht hätte zur Last gelegt werden dürfen. Sie stellte dabei auf das Erfordernis der räumlichen Nähe des Rechtsanwalts zur Partei oder zum Gericht ab. Diese war mit Sitz der Partei in Berlin und Lage des Gerichts in Frankfurt a.M. nicht gegeben.

Das OLG Frankfurt a.M. teilte diese Ansicht nicht. Zwar wurde zunächst darauf hingewiesen, dass die räumliche Nähe zur Inanspruchnahme persönlicher Gespräche oftmals „ein wesentliches Argument für die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des Rechtsanwalts” darstelle. Jedoch sei darin kein zwingendes Erfordernis zu sehen. Vielmehr müsse sich der „Auftraggebende bei dem Verzicht auf die räumliche Nähe zu seinem Bevollmächtigten nicht darauf verweisen lassen, er habe genauso gut einen Bevollmächtigten aus der Niederlassung am Ort des Prozessgerichtes wählen können und aus Gründen der Kostenschonung wählen müssen.”

Vertrauensverhältnis ohne Grenzen?

Sodann wurde darauf eingegangen, dass neben der räumliche Nähe auch ein besonderes Vertrauensverhältnis Grund für die Beauftragung eines bestimmten Rechtsanwalts sein kann. Ein solches sei als rechtlich anzuerkennender Vorteil zu berücksichtigen. Es könne sich insbesondere aus Aktenkenntnis, langjähriger Beratung und erfolgreicher Zusammenarbeit begründen. Grundsätzlich dürfe dies zwar nicht zu der „Abwälzung von jedweden Mehrkosten für die Inanspruchnahme eines Hausanwalts” führen. „In den Grenzen der notwendigen (fiktiven) Reisekosten des Prozessbevollmächtigten blieben diese jedoch erstattungsfähig.”

Davon sei auch nicht abzuweichen, wenn die überörtliche Sozietät des Rechtsanwalts zugleich am Ort des Prozessgerichts vertreten ist. Begründet wird dies damit, dass zu dessen Mitgliedern in der Regel zwar in formaler Hinsicht ein „Mandats, -typischerweise aber kein Vertrauensverhältnis besteht.” Insbesondere solle hier auch keine Einzelfallkontrolle erfolgen. Sowohl die Überprüfung des konkreten Vertrauensverhältnisses, als auch die Frage, welcher Rechtsanwalt aus einem mehrköpfigen Team betraut wurde, sind damit nicht entscheidungserheblich.

Fazit

Die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der weder am eigenen Standort, noch am Ort des Prozessgerichts niedergelassen ist, führt nicht dazu, dass Reisekosten zum Gerichtstermin nicht erstattet werden. Vielmehr ist ein bestehendes Vertrauensverhältnis, das in der Regel nur zu einem bestimmten Rechtsanwalt oder Team besteht, ausreichend, um den Anforderungen des Kostenrechts zu genügen. Insbesondere bei langjährigen Mandatsverhältnissen und in Spezialgebieten wie dem gewerblichen Rechtsschutz oder Presserecht wird man davon regelmäßig ausgehen können.