Kammergericht zur Kennzeichnungspflicht von Influencern

Von Prof. Dr. Stefan Engels und Lennart Elsaß

Das Kammergericht in Berlin hat entschieden, dass nicht jeder Post auf Instagram Werbung darstellt, nur weil Unternehmensprofile verlinkt sind (Urteil vom 08.01.2019, Az.: 5 U 83/18). Eine Kennzeichnungspflicht bestehe nur dann, wenn jeder inhaltlichen Bezug zum Post gänzlich fehle. Es kommt also auf den Einzelfall an.

The Higher Regional Court of Berlin has ruled that not every post on Instagram in which company profiles are tagged can be regarded as an advertisement. The labeling requirements for advertisements only apply if the company is tagged without any specific relation to the content.

Hintergrund

In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall hatte ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Unterlassungsansprüche gegen eine Bloggerin und Influencerin geltend gemacht. Diese hatte in drei unterschiedlichen Posts auf der Plattform Instagram die Tag-Funktion verwendet, um Unternehmensprofile zu verlinken. Eine Kennzeichnung als Werbung fügte sie jedoch nicht ein. Die Antragstellerin war der Ansicht, es handele sich bei den Posts um Werbung, die als solche nicht klar erkennbar war, sodass eine Kennzeichnung erforderlich gewesen wäre.

Das Landgericht Berlin teilte diese Auffassung noch gänzlich und erließ die begehrte einstweilige Verfügung in einer vieldiskutierten Entscheidung (Hierzu bereits unser Beitrag). Das Urteil wurde teilweise so interpretiert, dass bei jeder Verlinkung von Unternehmen Werbung vorliegen würde, die als solche zu kennzeichnen sei.

Die Entscheidung des Kammergerichts

Das Kammergericht sieht die Sache jedoch etwas differenzierter und änderte die einstweilige Verfügung zumindest in Bezug auf einen Post ab.

Bezüglich zwei Posts läge eine unlautere geschäftliche Handlung gem. § 5 Abs. 6 UWG vor. Danach handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine solche geschäftliche Handlung liegt vor, wenn die Handlung bei der gebotenen objektiven Betrachtung dem Ziel der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient. Dies sei aber insbesondere dann nicht der Fall, wenn ein redaktioneller Beitrag in erster Linie der Information und Meinungsbildung der Adressaten diene. Bei der Bewertung sei immer der konkrete Inhalt und die besonderen Umstände des Einzelfalls entscheidend.

In den zwei ohne Kennzeichnung verbotenen Posts hätten die Verlinkungen keinen erkennbaren Bezug zum Bild- oder Textbeitrag gehabt. Der Zweck sei alleine gewesen, die Neugier der Nutzer zu wecken, die sodann nach dem Klicken mit Werbung des verlinkten Unternehmens konfrontiert werden würden.

Bezüglich des dritten Posts sei dies jedoch anders zu beurteilen. Auf dem Foto trug die Influencerin einen Pullover, eine Hose und eine Bauchtasche, wobei die entsprechenden Hersteller verlinkt waren. Im zugehörigen Text berichtete sie, dass sie erschöpft sei und jetzt eine Weile Ruhe brauche. Das Kammergericht bewertete die Präsentation des zusammengestellten Outfits als redaktionellen Beitrag, welcher der Information und Meinungsbildung diene. Das Gericht stellt dabei klar, dass mit Blick auf die Meinungs- und Medienfreiheit Beiträge über Modethemen nicht weniger schutzwürdig seien als Berichte über gesellschafts- und tagespolitische Themen. Die Verlinkung der Hersteller sei im Rahmen eines solchen Posts nicht anders zu bewerten als Angaben zu Herstellern und Bezugsquellen in Modezeitschriften.

Praxishinweise

Das Urteil sorgt für etwas Klarheit und trägt dazu bei, die Unsicherheiten auszuräumen, die die Entscheidung der Vorinstanz verursacht hatte. Auch Bloggern und Influencern muss eine Berichterstattung über Produkte und Dienstleistungen möglich sein. Die Verlinkung von Personen und Unternehmen stellt dabei häufig nur einen schlichten Hinweis auf andere Seiten dar, auf denen die Nutzer weitergehende Informationen erlangen können (“Vertiefungsfunktion”).

Notwendig ist jedoch immer ein inhaltlicher Bezug zum verlinkten Unternehmen im Rahmen einer redaktionellen Äußerung. Wann ein Post einen ausreichenden Beitrag zur Information und Meinungsbildung darstellt, bleibt dabei der Prüfung im Einzelfall vorbehalten. Im Interesse der Kommunikationsfreiheiten und mit Blick auf die Nutzungsgewohnheiten in sozialen Netzwerken sollten dabei keine allzu hohen Hürden gelten.

Update vom 30.04.2019: Das Landgericht München I hat inzwischen in einem vielbeachteten Urteil entschieden, dass die Influencerin Cathy Hummels “getaggte” Beiträge nicht als Werbung kennzeichnen musste (Urteil vom 29.04.2019, Az.: 4 HK O 14312/18). Sie habe zwar gewerblich gehandelt, weil sie durch die Posts die verlinkten Unternehmen sowie ihr eigenes Unternehmen gefördert habe. Dies sei für die angesprochenen Verkehrskreise jedoch auch ohne Kennzeichnung erkennbar gewesen, da Hummels über eine sehr große Anzahl Follower auf ihrem öffentlichen, verifizierten und mit einem blauen Haken versehenen Profil verfügt. Sobald der Volltext vorliegt, wird eine Besprechung der Entscheidung in diesem Blog folgen.