Von Dr. Nico Brunotte, LL.M. (Cambridge), und Josina Johannsen
Das LG Berlin (Urteil vom 24.05.2018 – Az. 52 O 101/18) hat die Kennzeichnungspflicht für Produkte auf der Social-Media-Plattform Instagram für sogenannte Influencer ausgeweitet. Diese müssen nun auch solche Produkte als werblich markieren, welche sie selbst gekauft haben, wenn sie in dem Post gleichzeitig auf das Profil des Unternehmens verlinken.
Influencer Marketing: Regional Court Berlin creates new hurdles for labeling obligations
The Regional Court Berlin (Landgericht) has ruled regarding the “tagging” of brands by influencer on social media platforms like Instagram. The court decided that even if the influencer did not receive any consideration for a post and bought the product by himself, the tagging of the brand on a picture showing the specific product may be a commercial. Therefore it must be marked as an advertisement.
Die Influencerin (hier die Antragsgegnerin) hatte in drei Post ein Produkt positiv bewertet, welches sie selbst auf eigene Kosten erstanden hatte. Zudem hatte sie in diesen Posts durch eine Markierung auf dem Bild auf den Online-Shop des Unternehmens verlinkt, welcher das Produkt vertreibt.
In seinem Urteil bejahte das Gericht einen Unterlassungsanspruch des Antragstellers – ein Verband, der sich für fairen Wettbewerb einsetzt – gegen die Influencerin.
Die Posts seien zunächst geschäftliche Handlungen, die den Absatz der präsentierten Produkte steigern sollen. Dass die Influencerin dafür keine Gegenleistung erhalten hatte, sei irrelevant, da es nur auf die objektive Förderung des Absatzes ankomme. Eine solche Förderung betreibe die Antragsgegnerin, indem sie dem Unternehmen die Gelegenheit gab, das Produkt einer bestimmten Gruppe von potentiellen Käufern zuzuführen.
Die Behauptung der Antragsgegnerin, lediglich eventuellen Nachfragen der Follower bezüglich des Produktes vorgreifen zu wollen, sei nicht zutreffend. Denn dazu sei einer Verlinkung auf den gesamten Shop des Unternehmens nicht notwendig gewesen. Vielmehr hätte es gereicht, den Namen des Unternehmens in der Kommentarleiste zu nennen.
Für die Entscheidung sei außerdem erheblich, dass die Antragsgegnerin mit mehr als 50.000 Followern eine bedeutende Influencerin sei. Die Präsentation vor einer solchen Anzahl an Followern sei geeignet, deren Interesse zu wecken, konkrete Geschäftsbeziehungen anzubahnen.
Eine Kennzeichnung wäre nur dann entbehrlich, wenn der kommerzielle Zweck auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar sein würde. Es genüge nicht, dass der durchschnittliche Leser erst nach einer ausführlichen Lektüre die werbliche Wirkung erkennt. Davon sei hier nicht auszugehen, da der durchschnittliche Leser bei dem Post davon ausgehe, dass die Antragsgegnerin Beiträge zu ihrem aktuellen Aussehen oder ihren Erlebnissen enthalte.
Urteil des Landgerichts Berlin sorgt für Widerspruch
Das Urteil des Landgerichts Berlin hat zu viel Unruhe in der Influencer-Szene geführt (vgl. etwa Bericht auf meedia.de). Die Interaktion in sozialen Netzwerken und der Umfang mit dort üblichen Funktionen, wie dem Verlinken oder Markieren (“taggen”) anderer Nutzer oder Unternehmen, wird damit deutlich erschwert. Wenn das Landgericht Berlin nun jede Verlinkung als Werbung erachten will, verkennt dies deutlich den Charakter und die üblichen Funktionen von sozialen Netzwerken. Daneben werden “unabhängige Produkttests”, bei denen der Blogger/Influencer das Produkt selbst kauft, so wie es vor allem in der Beauty-Blogger-Szene üblich ist, praktisch erschwert, wenn das Ergebnis des Test für ein Produkt positiv ausfällt.
Ob der Schutzzweck der Kennzeichnungspflicht, den Nutzer vor nicht erkennbarer Werbung zu schützen, dies rechtfertigen mag, ist zweifelhaft und es scheint, als wenn das Gericht vorliegend deutlich über das intendierte Ziel hinausgeschossen ist.