Urheberrechtsnovelle beschlossen

Am 28. Mai 2021 segnete der Bundesrat das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zur Urheberrechtsreform (Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkets) ab. Dieses wurde zuvor vom Bundestag beschlossen, um die sog. DSM-Richtlinie (Digital-Single-Market Urheberrechtsrichtlinie, EU 2019/790 v 17. April 2019) sowie die sog. Online-SatCab-Richtlinie (EU 2019/789 v. 17. April 2019) in nationales Recht umzusetzen. Die Reform des Urheberrechts soll am 7. Juni 2021 – und somit rechtzeitig zur Umsetzungsfrist der Richtlinien – in Kraft treten. Das neu geschaffene Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) etwas später zum 1. August 2021.

English Summary

On 28 May 2021, the Bundesrat (upper house of the German parliament) approved the German government’s copyright reform bill. This was previously passed by the Bundestag in order to transpose the so-called DSM Directive (EU Directive 2019/790 of 17 April 2019), as well as the so-called Online SatCab Directive (EU Directive 2019/789 of 17 April 2019) into national law. The reform is scheduled to enter into force on 7 June 2021 – and thus in time for the transposition deadline of the directives. The newly created Copyright Service Providers Act (UrhDaG) a little later on 1 August 2021.

Hintergrund

Was im September 2016 im Rahmen des Projektes “Digital Single Market” in Brüssel begann, wird am 7. Juni 2021 mit dem Inkrafttreten des “Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes” in Berlin sein vorläufiges Ende finden. Mit der umfassendsten Reform des deutschen Urheberrechts seit 20 Jahren ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einem europäischen, digitalen Binnenmarkt gelegt. Die Reform sieht weitgehende Änderungen des Urheber- und Verwertungsgesellschaftengesetzes (VGG) vor, sowie die Einführung des Urheber-Diensteanbieter-Gesetzes (UrhDaG).

Verantwortlichkeit von sog. Upload-Plattformen

Augenmerk der Reform galt Plattformen wie Facebook, Instagram, YouTube, Twitter, Twitch und TikTok. Diese sollen von NutzerInnen hochgeladene geschützte Inhalte künftig direkt urheberrechtlich zu verantworten haben.

Im Zuge der Neuordnung durch die Reform sind diese sog. Upload-Plattformen nunmehr verpflichtet, Lizenzen für jegliche urheberrechtlich geschützte Inhalte zu erwerben, welche von ihren Nutzern veröffentlicht werden könnten. Urhebern sollen Direktvergütungsansprüche gegenüber den Plattformen zugesprochen und somit eine faire Beteiligung an der Verwertung ihrer Werke gesichert werden (§ 4 Abs. 3 UrhDaG). Inhalte die nicht von einer solchen Lizenz gedeckt sind, müssen von den Plattformen dergestalt blockiert werden, dass sie bestenfalls gar nicht erst hochgeladen werden können oder zumindest alsbald nach einer Information des Rechtsinhabers nachträglich entfernt werden. Lediglich für Startups und kleine Unternehmen sind Ausnahmen von dieser umfassenden Blockierungspflicht vorgesehen.  Für Streitigkeiten zwischen Plattformen, Rechteinhabern und Nutzern stehen Beschwerdeverfahren zur Verfügung.

Ferner dürfen nicht-kommerzielle Nutzungen von Inhalten mit geringem Umfang (160 Zeichen, 125 Kilobyte oder 15 Sekunden) nicht durch Uploadfilter präventiv blockiert werden, sondern gelten als durch die Urheber “mutmaßlich erlaubt” (§ 10 UrhDaG). Eine Rückausnahme kommt Sport- und Filmvermarktern zugute. So müssen Plattformen auch Uploads sperren, die sich im Rahmen der Bagatellgrenze bewegen, wenn diese Inhalte einer Live-Veranstaltung oder eines unveröffentlichten Films verwenden. Dies gilt allerdings nur für die Dauer der Ausstrahlung und soweit der Rechteinhaber es verlangt.

Darüber hinaus wird die Nutzung geschützter Werke im Rahmen von Zitaten, Karikaturen, Parodien oder Pastiches zu Gunsten der Verwender geschützt (§§ 51, 51a UrhG). Als Zugeständnis gegenüber Internetnutzern wurde im Vergleich zu vorherigen Entwürfen sogar das Erfordernis des “besonderen Zweckes” eliminiert, sodass eine Verwertung auch ohne diese Einschränkung möglich sein wird.

Leistungsschutzrecht für Presseverleger

Weiterhin wird durch die Umsetzung der Richtlinien das Leistungsschutzrecht von Presseverlegern für journalistische Inhalte gestärkt. Zukünftig müssen diese finanziell angemessen beteiligt werden, wenn Plattformen Ausschnitte ihrer Artikel anzeigen. Darüber hinaus ist eine Mindestbeteiligung für Journalistinnen und Journalisten an den erzielten Lizenzeinnahmen vorgesehen. Diese Neuerung wurde sowohl von dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), als auch von dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßt. Google (Google News) kündigte in diesem Zusammenhang bereits seine Kooperationsbereitschaft mit deutschen Verlegern an.

Weitere Anpassungen

Das Gesetz sieht weiterhin Erlaubnisse für das Text- und Data Mining, für den digitalen und grenzüberschreitenden Unterricht und die Lehre sowie für die Erhaltung des Kulturerbes um. Es enthält weitere Anpassungen im Urhebervertragsrecht, so u.a. im Hinblick auf die angemessene Vergütung, der weiteren Beteiligung des Urhebers sowie den Rückrufs wegen Nichtausübung.

Ausblick

Die deutsche Implementierung der DSM- und Online-SatCab-Richtlinie enthält keine großen Abweichungen im Vergleich zu den umfassenden EU-Richtlinien. Trotz diverser Beteuerungen von Seiten der Bundesregierung, dass der Einsatz von Uploadfiltern zur Erreichung einer fairen Beteiligung der Urheber und Verwerter nicht notwendig sein würde, dürfte eine Umsetzung ohne sie kaum möglich sein. Zwar ist die Einführung von Upload-Filtern zur Gewährleistung der Lizenzierung im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen, jedoch wird es Plattformen faktisch unmöglich sein, ihren neuen umfassenden Verpflichtungen ohne die Hilfe solcher automatisierten Verfahren nachzukommen.

Ob die Reform somit tatsächlich ihrem Anspruch gerecht wird, das Urheberrecht “fit für das digitale Zeitalter” zu machen – so Bundesjustizministerin Lambrecht – oder sich die Furcht vieler Kritiker vor einer “Internetzensur“ bewahrheitet, wird sich zeigen.