No Deal Brexit und dessen Folgen für Marken- und Designrechteinhaber

Von Gabriele Engels, LL.M.

Am gestrigen Dienstag, 12. März 2019, lehnte das britische Unterhaus (House of Commons) den von der Britischen Premierministerin Theresa May mit der Europäischen Union (EU) ausgehandelten Austrittsvertrag erneut ab; dieses Mal jedoch mit einer nicht ganz so überwältigenden aber immer noch deutlichen Mehrheit von 391 zu 242 Stimmen. Am 15. Januar 2019 hatten noch 432 – gegenüber 202 – Abgeordneten gegen das Abkommen votiert.
Damit wird ein No Deal Brexit des Vereinigten Königreichs am 29. März 2019 und mithin ein Austritt aus der EU ohne zusätzliche Regelungen und Übergangsphase, die im Abkommen bis Ende 2020 vorgesehen war und in der das Vereinigte Königreich im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleiben sollte, immer wahrscheinlicher.
Die Folgen eines derartigen abrupten Austritts sind noch nicht vollumfänglich vorhersehbar. Allerdings begründet insbesondere ein ungeordneter Austritt auch im Bereich des geistigen Eigentums neue Herausforderungen:

English summary:
Yesterday, on Tuesday 12 March 2019, the House of Commons again rejected the Withdrawal Agreement negotiated by the British Prime Minister Theresa May with the European Union (EU); however this time not with such an overwhelming but still clear majority of 391 to 242 votes. On 15 January 2019, 432 to 202 MEPs had voted against the agreement.
This makes a No Deal Brexit on 29 March 2019 and thus a withdrawal of the UK from the EU without additional regulations and a transition period, which is provided for in the Withdrawal Agreement until the end of 2020 and during which the UK should remain in the EU internal market and customs union, more and more likely.
The consequences of such an abrupt withdrawal are not yet fully predictable. However, a disorderly withdrawal also poses new challenges in the area of intellectual property:

EU-Marken und Geschmacksmuster
Während europäische Patente, die im UK validiert sind, nicht direkt vom Brexit betroffen sein werden, weil die Europäische Patentorganisation (EPO) eine unabhängige internationale Organisation und – im Gegensatz zum Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) – keine EU-Behörde darstellt, ergeben sich unmittelbare Konsequenzen für Inhaber von Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGM) sowie Unionsmarken (UM) bzw. internationalen Registrierungen (IR-Marke) mit Schutzerstreckung auf die EU.
Mit einem Ausstritt aus dem Binnenmarkt, verlieren die beim EUIPO basierend auf der Verordnung (EU) 2017/1001 registrierten Unionsmarken im UK ihre Wirkung. Gleiches gilt für GGM, welche im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGV) für einen Zeitraum von zunächst mindestens fünf (5) Jahren europaweit geschützt sind.

Auch ohne ein gesondertes Austrittsabkommen soll nach dem EUIPO Schutzrechteinhabern jedoch ein fortgesetzter Schutz gewährleistet werden. Nach dessen Entwurf sollen UMs und GGMs dann automatisch und ohne weitere Kosten für deren Inhaber und ohne Verlust von Prioritäts-, Anmelde- oder Senioritätsdaten in ein “vergleichbares (EU)Recht” umgewandelt werden. Bestehende UMs/GGMs sind weiterhin in den dann 27 Mitgliedstaaten gültig.
Am 21. Februar 2019 kündigte das UKIPO ferner an, dass vergleichbare Marken (EU) die gleichen Registrierungsnummern wie die ursprünglichen UM behalten werden, aber mit einem Präfix von “UK009” den letzten acht Ziffern hinzugefügt werden. Die meisten Datensätze von Markenportfolios sollten mithin relativ einfach am 30. März mit Batch-Updates aktualisiert werden können.
Zudem ist eine Übergangsfrist im Anmeldeverfahren vorgesehen. Sollte sich eine UM oder ein GGM zum Zeitpunkt des Brexit noch im Anmeldestatus befinden, will die britische Regierung dem Anmelder die Möglichkeit einräumen, innerhalb von neun (9) Monaten (d.h. bis zum 29. Dezember 2019) unter den gleichen Bedingungen ein britisches gleichwertiges Recht einzureichen und den EU-Anmeldetag für die Priorität beizubehalten. Die üblichen UKIPO-Anmeldegebühren dürften aber wohl anfallen.
Im Detail ist ein solches Vorhaben, insbesondere während der Verhandlungen eines gemeinsamen Austrittsabkommens, jedoch rechtlich noch nicht im Detail ausgestaltet oder gar abgeschlossen.

Folgen und Ausblick
Es bleibt zu hoffen, dass der UK und die 27 Mitgliedstaaten noch auf die letzten Tage eine Lösung finden, einen ungeregelten Austritt und damit ungewisse Folgen und Gefahren für Inhaber von Unionsmarken und Geschmackmustern zu umgehen. Wahrscheinlich ist allerdings derzeit, dass Premierministerin May die EU um eine Verschiebung des Brexit-Termins bitten wird.
Inhabern von Unionsmarken und Geschmackmuster ist derweil zu raten, sich bereits jetzt auf den Fall des “No Deal” vorzubereiten und mithin entweder bereits nationale (UK) Anmeldungen einzureichen oder sich jedenfalls für eine Anmeldung am/nach dem 29. März 2019 soweit vorzubereiten, um im UK auch weiterhin unmittelbaren Marken- und Designschutz zu genießen. So kann die Gefahr, dass Dritte die ungeordnete Lage ausnutzen, um identische oder ähnliche Marken und Designrechte im UK anzumelden, vorgebeugt werden.