Die KI-Strategie der Bundesregierung: Entwicklungen in naher Zukunft

Von France Vehar, LL.M. und Eva Wettstein

Die Bundesregierung hat mit der am 15. November 2018 verabschiedeten „Strategie Künstliche Intelligenz“ wichtige Meilensteine für die Entwicklung von KI „made in Germany“ gesetzt. Am 3. und 4. Dezember 2018 lud das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Vertreter aus Wirtschaft, Forschung, Industrie und Gesellschaft zum 18. Digital-Gipfel nach Nürnberg ein, um die Umsetzung der KI-Strategie zu diskutieren. Dies gibt Anlass, zu beleuchten, welche Maßnahmen und Beteiligungsmöglichkeiten die KI-Strategie vorsieht, und welche Entwicklungen in naher Zukunft zu erwarten sind.

With the “Strategy Artificial Intelligence” adopted on 15 November 2018, the Federal Government has set important milestones for the development of AI “made in Germany”. On 3 and 4 December 2018, the Federal Ministry of Economics and Energy invited representatives from industry, research, industry and society to the 18th Digital Summit in Nuremberg to discuss the implementation of the AI strategy. This provides an opportunity to shed light on the measures and participation opportunities that the AI strategy provides and what developments can be expected in the near future.

Im Angesicht der zunehmenden Bedeutung von KI für sämtliche Wirtschaftszweige formuliert das Strategiepapier drei wesentliche Ziele und stellt Maßnahmeansätze und Beteiligungsmöglichkeiten vor.

Deutschland und Europa als führender KI-Standort

Deutschland und Europa sollen zu einem führenden KI-Standort werden. Insbesondere Deutschland soll als Forschungsstandort für KI attraktiver werden, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu sichern. Bis 2025 will der Bund etwa drei Milliarden Euro in die Umsetzung der KI-Strategie investieren. Das Geld soll größtenteils für Forschung eingesetzt werden. Gelder aus der privaten Wirtschaft sollen den Betrag um etwa das Doppelte erhöhen. Geplant sind u.a.:

  • Der Ausbau eines nationalen Netzwerks für KI-Forschung mit mindestens 12 Zentren und Anwendungshubs
  • Ein Programm für wissenschaftliche Nachwuchsförderung und Lehre im Bereich KI; so sollen mindestens hundert neue Professuren KI an Hochschulen verankern
  • Die Bildung von Forschungsclustern und Netzwerken auf europäischer Ebene, z.B. ein europäisches Innovationscluster für KI und ein deutsch-französisches Forschungs- & Innovationsnetzwerk, um KI in der Arbeitswelt, im Datenschutz und in der Datenverfügbarkeit zu ergründen
  • Die gezielte Förderung mittelständischer Unternehmen in den nächsten Jahren, z.B. durch  KI-Trainer für mittelständische Unternehmen, und einen verbesserten Transfer von Forschungsergebnissen in den Wirtschaftssektor
  • Die Verbesserung der Anreize und Rahmenbedingungen für das freiwillige, datenschutzkonforme Teilen von Daten sowie der Aufbau einer vertrauenswürdigen Daten- und Analyseinfrastruktur inklusive des Aufbaus einer Cloud-Plattform

Auf dem Digitalgipfel „Künstliche Intelligenz – ein Schlüssel für Wachstum und Wohlstand” stellte Bundeswirtschaftsminister Altmaier zur Umsetzung dieses ersten Ziels auch die Idee eines europäischen Gemeinschaftsprojekts nach dem Vorbild des Flugzeugbauers Airbus vor. Eine alsbaldige Gründung stehe im Raum. Damit soll ein Gegengewicht zu den führenden Nationen im Bereich der KI errichtet werden. Die hieran beteiligten Unternehmen sollen ihre Expertisen vereinen, um Forschung und Entwicklung in der KI-Industrie voranzutreiben. Als Segment, in denen das Unternehmen eine Aufholjagd beginnen soll, wurde u.a. autonomes Fahren identifiziert. Mitte Dezember bekräftigten Minister Altmaier und sein Kollege Le Maire die französisch-deutsche Zusammenarbeit auf dem Gebiet der KI. Frankreich und Deutschland haben eine Arbeitsgruppe gegründet, die den bilateralen Austausch von Daten und wissenschaftlichen Erkenntnissen vorantreibt.

Verantwortungsvolle und gemeinwohlorientierte Nutzung und Entwicklung von KI

KI soll verantwortungsvoll und gemeinwohlorientiert entwickelt und genutzt werden. Die KI-Strategie sieht dazu als Maßnahmen u.a. vor:

  • Ein deutsches Observatorium für KI sowie das Vorantreiben des Aufbaus eines europäischen und internationalen Pendants
  • Die Weiterentwicklung der Fachkräftestrategie  im Hinblick auf digitalen Wandel und KI
  • Die Sicherung betrieblicher Mitbestimmungsmöglichkeiten bei Einführung und Anwendung von KI
  • Betriebliche Experimentierräume zur Erprobung des Einsatzes von KI-gestützten Anwendungen in der Arbeitswelt hinsichtlich der Mensch-Maschine-Interaktion bzw. Gesundheits- und Datenschutz;
  • Die Organisation eines europäischen und transatlantischen Dialog zum menschenzentrierten Einsatz von KI in der Arbeitswelt, d.h. zur Identifikation von Spannungsfeldern und Gestaltungsmöglichkeiten

Gesellschaftliche Integration von KI

KI soll im Rahmen eines stetigen  Dialoges mit der Gesellschaft und einer aktiven politischen Gestaltung ethisch, rechtlich, kulturell und institutionell in die Gesellschaft eingebettet werden. Sie soll auf Basis eine „menschenzentrierten Ansatz“ entwickelt werden. Die Entwicklung innovativer Anwendungen soll die Selbstbestimmung, soziale und kulturelle Teilhabe sowie den Schutz der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger sichern. Maßnahmen in diesem Bereich sind v.a.:

  • Die Einberufung eines „Runden Tischs“ mit Datenschutzaufsichtsbehörden und Wirtschaftsverbänden, um gemeinsame Leitlinien für eine datenschutzkonforme Entwicklung und Anwendung von KI-Systemen auszuarbeiten.
  • Die Bereitstellung einer Plattform für Dialoge über KI zwischen der Politik, der Wissenschaft und Wirtschaft

Aufbruchssignal und Eingliederung in europäische Maßnahmen

Die KI Strategie ist mit ihren diversen Maßnahmeansätzen ein Aufbruchsignal für KI “made in Germany”. Mit Spannung ist zu erwarten, wie sich diese weiter konkretisieren, z.B. wie in einem europäischen Gemeinschaftsprojekt die rechtlichen Fragen wie die kartellrechtliche Gestaltung umgesetzt werden sollen. Ob die Strategie zu dem selbstgesetzten Ziel, Deutschland und Europa als führenden KI-Standort zu etablieren, beiträgt, wird sich zeigen, der Anfang ist gemacht.

Die deutsche Strategie steht außerdem im Kontext EU-weiter Bestrebungen zur Verbesserung der Entwicklung und Nutzung von KI. Die Bundesregierung hat erkannt, dass um auch eine gegenüber den USA oder Asien konkurrenzfähige KI-Industrie zu entwickeln, Maßnahmen teils auch im europäischen Verbund zu entwickeln sind. Auf europäischer Ebene gab es mit der im April 2018 von der EU-Kommission mit der Mitteilung „Künstliche Intelligenz für Europa“ vorgestellten KI-Strategie ebenfalls ein Aufbruchssignal. Anfang Dezember konkretisierte die EU ihre Vorhaben durch einen von den Mitgliedsstaaten sowie Norwegen gezeichneten Koordinationsplan. Er soll dafür sorgen, dass sich die auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene getroffenen Maßnahmen gegenseitig ergänzen und dass Synergien entstehen, damit die größtmögliche Wirkung erzielt wird. Außerdem bildet er einen strategischen Rahmen für nationale KI-Strategien. Insofern folgt die deutsche Strategie auch dem Aufruf der EU ausgehend von den auf europäischer Ebene durchgeführten Arbeiten bis Mitte 2019 ihre eigenen nationalen KI Strategien aufzustellen. Am 18. Dezember 2018 hat die EU Kommission den ersten Entwurf von „Ethikrichtlinien für eine vertrauenswürdige künstliche Intelligenz” herausgegeben.

Weitere Details zur KI-Strategie der EU finden Sie in unserem Blog Beitrag  „Die KI-Strategie der EU: Was ist 2019 zu erwarten?