Keine Textilkennzeichnung in Werbeprospekten ohne Bestellmöglichkeit

Mit Urteil vom 24. März 2016 hat der BGH (Az. I ZR 7/15) klargestellt, dass die Kennzeichnungspflicht zur Textilfaserzusammensetzung erst ab dem Zeitpunkt der unmittelbaren Erwerbsmöglichkeit durch den Verbraucher gilt. In einem Werbeprospekt ohne Bestellmöglichkeit muss daher noch nicht über die Faserzusammensetzung informiert werden.

English Summary

No textile labeling obligation in advertising brochures without order possibility

In its decision of 24 March 2016 the Federal Supreme Court (BGH, docket no. I ZR 7/15) clarified that there is no obligation to label the composition of textiles (according to Art. 16 Regulation (EC) No. 1007/2011 on textile fibre names and related labelling and marking of the fibre composition of textile products) as long as there is no direct possibility for the consumer to purchase the textile. Thus, in an advertising brochure which does not offer the possibility to order, there is no duty to inform about the composition of the fabric.

Hintergrund

Ein Modeunternehmen bewarb in einem Prospekt verschiedene Bekleidungsstücke ohne Angaben zu deren Faserzusammensetzung. Die Textilien konnten ausschließlich in den Kaufhäusern des Unternehmens bezogen werden. Eine Bestellmöglichkeit bestand nicht, insbesondere auch nicht online. Die Wettbewerbszentrale sah darin v.a. einen Verstoß gegen die Textilkennzeichnungsverordnung (Art. 16 Abs. 1 S. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 – “TextilKennzVO”). Diese verpflichtet Unternehmen bei Bereitstellung eines Textilerzeugnisses auf dem Markt zur Angabe der Textilfaserzusammensetzung in der Prospektbeschreibung.

Entscheidung

Der BGH stellt klar, dass die Kennzeichnungspflicht von Textilprodukten erst ab dem Zeitpunkt besteht, ab dem die Ware dem Verbraucher in einer Weise präsentiert wird, die es ihm ermöglicht, sie unmittelbar zu erwerben oder zu bestellen. Erst dann sei von einer “Bereitstellung auf dem Markt” auszugehen (vgl. Art. 3 Abs. 2, 16 Abs. 1 TextilKennzVO), welche nach dem Gesetzeswortlaut die Kennzeichenpflicht auslöse. Die Prospektwerbung sei lediglich eine Information, die bezwecke, dass der Kunde im Geschäftslokal das Kaufgeschäft abschließe. Auch ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot liege demnach nicht vor. Dem Kunden würden vor diesem Zeitpunkt keine wesentlichen Informationen vorenthalten, die bei einer Aufforderung zum Kauf (i.S.d. § 5a UWG) mitzuteilen seien.

Praxishinweis

Das BGH-Urteil schafft erfreulicherweise Klarheit: Textilangaben werden erst bei direkter Bestellmöglichkeit durch den Kunden relevant. Es erleichtert daher die Bewerbung von Textilien in Broschüren und Prospekten entscheidend und ist v.a. für Modeunternehmen von erheblicher Bedeutung.

Wie das Gericht betont, soll mit der Kennzeichenpflicht sichergestellt werden, dass der Verbraucher vor dem Kauf von Textilerzeugnissen den Fasergehalt richtig erkennen kann, um mit diesem Wissen seine Kaufentscheidung zu treffen. Auch soweit – anders als bei der dem Urteil zugrunde liegenden Fallkonstellation – ein Online-Shop besteht, dürfte die Angabepflicht erst bei der tatsächlichen Bestellmöglichkeit des Kunden eingreifen. Das bedeutet, dass der bloße Hinweis auf einen Online-Shop (mit der dortigen online-Bestellmöglichkeit) im Werbeprospekt, die Kennzeichnungspflicht nach Art. 16 TextilKennzVO nicht auslösen dürfte. Der Kunde wäre vor dem Kauf über die Webseite des Händlers über die Faserzusammensetzung hinreichend informiert.