„YouTube“ to „uploaded“ II – Die Provider-Haftung geht in die nächste Runde

Plattform-Betreiber können kurz durchatmen, nachdem der Generalanwalt jüngst seine Schlussanträge in zwei verbundenen Verfahren vor dem EuGH veröffentlichte (Schlussanträge vom 16. Juli 2020 in den verbundenen Rechtssachen C‑682/18 und C‑683/18). Noch müssen Plattformen wie YouTube und Uploaded nicht unmittelbare für die Inhalte ihrer Nutzer haften. Dies wird sich jedoch spätestens mit der Umsetzung der kontrovers diskutierten neuen Urheberrechtsrichtlinie (RL 2019/790/EU) ändern, welche die EU Mitgliedstaaten bis Juni 2021 umgesetzt haben müssen [siehe hierzu unseren Beitrag vom 26. März 2019: EU-Parlament verabschiedet Urheberrechtsrichtlinie].

English Summary

The Provider-Liability-Saga continues – platform operators can take a deep breath after the Advocate General recently published his opinion in two related proceedings before the CJEU (Opinion of 16 July 2020 in joined cases C‑682/18 and C‑683/18). Platforms such as YouTube and Uploaded do not yet have to assume direct liability for the content of their users. However, this will change with the implementation of the controversially discussed new copyright directive (Dir. 2019/790/EC), which the EU Member States must have implemented by June 2021, at the latest.

Algorithmen und autonome Entscheidungssysteme: Rechtliche Implikationen und gegenwärtige Herausforderungen – Ein Überblick

Algorithmische Entscheidungssysteme sind in der Rechtswissenschaft derzeit in aller Munde. Künstliche Intelligenz (KI) wird heutzutage bereits großflächig am Kapitalmarkt, im Bereich des E-Commerce und bei der Entwicklung autonomen Fahrens eingesetzt. Vereinzelt werden Rufe danach laut, Algorithmen einer verstärkter Regulierung zu unterwerfen. Einige Technologien prägen bereits heute das gesellschaftliche Zusammenleben. Daraus ergeben sich immer wieder rechtliche Fragestellungen, die insbesondere die Rechtswissenschaft vor aktuelle Herausforderungen stellen.

Algorithmic decision systems are currently the talk of the town in jurisprudence. Artificial intelligence (AI) is already widely used today on the capital market, in e-commerce and in the development of autonomous driving. Occasionally, there are strong calls to subject algorithms to increased regulation. Some technologies are already shaping social coexistence today. This regularly gives rise to legal questions that pose current challenges, especially for the legal profession.

Getting The Deal Through – Gaming: Glücksspielregulierung in Deutschland (2020)

Dr. Michael Stulz-Herrnstadt und Christoph Engelmann haben in der 2020er Auflage von Gaming in Lexologys Reihe Getting The Deal Through das Kapitel zur Glücksspielregulierung in Deutschland veröffentlicht.

Das Kapitel bietet einen Überblick über die Gesetze und Vorschriften, die Glücksspielunternehmen in Deutschland betreffen. Zu den Themen gehören: lizenziertes und unlizenziertes Glücksspiel, Erlaubnisvoraussetzungen für terrestrisches und Online-Glücksspiel, Werberegulierung und aktuelle Entwicklungen für Glücksanbieter.

EuGH: Brompton Bicycle – Auch technische Formen können Urheberrechtsschutz genießen

Bisher war in der Rechtsprechung des EuGH unklar, ob die Erscheinungsform von Erzeugnissen im Rahmen der Richtlinie 2001/29 (“InfoSoc-RL”) urheberrechtlich auch dann schutzfähig ist, wenn diese dazu erforderlich ist, ein bestimmtes technisches Ergebnis zu erreichen. In der Vergangenheit hatte Luxemburg im Bereich der Gemeinschaftsgeschmacksmuster einen Schutz für solche Formen verneint, die allein durch die technische Funktion eines Erzeugnisses bedingt sind (Urteil vom 8. März 2018, Az. C-395/16). Virulent wird diese Frage besonders bei der trennscharfen Abgrenzung zwischen Urheberrecht und anderen Schutzrechten wie dem Patent, mit dem sich das technische Verfahren im besprochenen Streitfall unstreitig schützen ließ. In seinem Urteil vom 11. Juni 2020 (Brompton Bicycle gegen Chedech/Get2Get, Az. C-833/18) klärt der EuGH diese Frage auch im Urheberrecht und nimmt für die Schutzfähigkeit einen Gleichlauf mit der bestehenden Rechtslage bei Geschmacksmustern vor, die in bestimmten Fällen eine Überschneidung zwischen Urheberrechts- und Patentschutz ermöglicht.

English Translation

Until now, it has been unclear in the jurisprudence of the CJEU whether the appearance of products is protectable by copyright under Directive 2001/29 (“InfoSoc Directive”) even if it is necessary to achieve a certain technical result. Previously, Luxembourg had denied protection of EU designs for such shapes, which are solely dictated by the technical function of a product (judgement of 8 March 2018, Case C-395/16). This question becomes particularly important when it comes to the distinction between copyright and other protective rights such as a patent, where a technical process can be indisputably protected. In its judgement of 11 June 2020 (Brompton Bicycle v. Chedech/Get2Get, case C-833/18), the CJEU clarifies this question in copyright law and, with regard to protection, draws a parallel with the existing legal situation for designs, which in certain cases allow for an overlap between copyright and patent protection.

Die DSK zum Einsatz von Google Analytics im nicht-öffentlichen Bereich

Von Verena Grentzenberg und Yannick Zirnstein

Die Datenschutzkonferenz („DSK“), das Koordinationsgremium der deutschen Datenschutzbehörden, hat einen neuen Beschluss mit Hinweisen zum Einsatz von Google Analytics im nicht-öffentlichen Bereich veröffentlicht. In diesem wird die neue Position der Datenschutzbehörden hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Mindestanforderungen beim Einsatz des von der Google LLC („Google“) bereitgestellten und sehr beliebten Analysetools Google Analytics beschrieben. Der Beschluss ist eine Ergänzung zur bereits veröffentlichten Orientierungshilfe für Anbieter von Telemedien. Aufgrund einer Neubewertung Googles als (gemeinsam) Verantwortlichem ergeben sich weitreichende neue Anforderungen; unter anderem soll nach Ansicht der DSK eine Einwilligung der Nutzer in die Datenverarbeitung erforderlich sein.

The Data Protection Conference (“DSK”), the coordination body of the German data protection authorities, has published a new guideline with information on the use of Google Analytics in the non-public sector. This resolution describes the new position of the German data protection authorities with regard to the minimum data protection requirements for the use of the very popular analytics tool Google Analytics provided by Google LLC (“Google”). The resolution is supplementary to the already published guidance for telemedia providers. A re-evaluation of Google as (joint) controller results in far-reaching new requirements; among other things, the DSK takes the view that user consent to data processing is mandatory.

BGH-Eilentscheidung: Bundeskartellamt gelingt Etappensieg gegen Facebook

Der Bundesgerichtshof („BGH“) hat in der mit Spannung erwarteten Entscheidung im Verfahren gegen Facebook wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (KVR 69/19 – Beschluss vom 23. Juni 2020) die Entscheidung des Bundeskartellamts („BKartA“) vorläufig bestätigt – es bestünden keine ernsthaften Zweifel, dass Facebook seine marktbeherrschende Stellung mit den vom BKartA untersagten Nutzungsbedingungen missbräuchlich ausnutze. Dies bedeutet, dass Facebook die Entscheidung – jedenfalls bis ein rechtskräftiges Urteil in der Hauptsache ergangen ist – umsetzen muss. Demnach ist es Facebook untersagt, Nutzerdaten aus Drittquellen (d.h. konzerneigenen Diensten und Internetseiten Dritter) zu sammeln, Facebook-Konten zuzuordnen und weiter zu verarbeiten.

In the eagerly awaited decision in the proceedings against Facebook for abuse of a dominant position (KVR 69/19 – decision of 23 June 2020), the German Federal Supreme Court (“BGH”) provisionally confirmed the decision of the Federal Cartel Office (“BKartA”). According to the BGH, there were no serious doubts that Facebook was abusing its dominant position with the terms of use prohibited by the BKartA. This means that Facebook must implement the decision – at least until a legally binding judgment has been issued in the main proceedings. Accordingly, Facebook is prohibited from collecting user data from third party sources (i.e. services within the group and third party websites), assigning the data to Facebook accounts and further processing it.

Update 2.0 zum „Digitale-Dienste-Gesetz“ – Abschied vom „Notice-and-takedown“-Verfahren?

Die Europäische Kommission arbeitet an einem Gesetz für digitale Dienste (engl. „Digital Services Act“), das die Haftungs- und Sicherheitsregeln für Plattformen im Internet neu gestalten soll. Aktuell läuft die öffentliche Konsultationsphase, in der sich Digitalunternehmen, Handelsvereinigungen und die allgemeine Öffentlichkeit am Gesetzgebungsprozess beteiligen können. Neben der verschärften Regulierung von großen Plattformbetreibern beabsichtigt die Kommission auch die Implementierung von strengeren Regeln für den Umgang mit illegalen Inhalten im Internet.

The European Commission is working on a Digital Services Act, which is intended to reform the liability and security rules for platforms on the Internet. The public consultation phase is currently in progress, during which digital companies, trade associations and the general public can participate in the legislative process. In addition to tighter regulation of major platform operators, the Commission also intends to implement stricter rules for dealing with illegal content on the Internet.

Update zum „Digitale-Dienste-Gesetz‟ – Europäische Kommission beabsichtigt strengere Regelungen für Plattformbetreiber

Die Europäische Kommission hat angekündigt, an einem Gesetz für digitale Dienste (engl. „Digital Services Act‟) zu arbeiten, um die Haftungs- und Sicherheitsregeln für Plattformen im Internet neu zu gestalten. Nun steht im Raum, dass auch die Geschäftspraktiken großer Plattformbetreiber verstärkt reguliert werden könnten, um die Wettbewerbsfähigkeit (kleinerer( europäischer Dienste zu sichern. Auf die betroffenen Konzerne könnten massive Eingriffe in ihre unternehmerische Freiheit zukommen.

EuGH-Vorlage: Klagebefugnis von Verbraucherschutzverbänden und Mitbewerbern bei DSGVO-Verstößen

Von Prof. Dr. Stefan Engels, Verena Grentzenberg, Yannick Zirnstein und Jan Spittka   Der BGH hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Verbraucherschutzverbände und Mitbewerber befugt sind, Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung („DSGVO“) gerichtlich zu verfolgen (BGH, Beschluss vom 28.05.2020, Az. I ZR 186/17). Der EuGH wird in diesem Vorabentscheidungsverfahren nun darüber entscheiden müssen, ob unter …

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BGH – Planet49 – Pflicht zur Einholung einer Cookie-Einwilligung gilt auch in Deutschland

Die seit langem erwartete Entscheidung des BGH zur Frage, ob Cookies in Deutschland eine Einwilligung erfordern, ist gefallen: Der BGH (Az. I ZR 7/16) bejaht die Einwilligungs-Pflicht und verpflichtet Website-Betreiber damit, Nutzer um ihre Erlaubnis zu bitten, bevor Cookies auf ihren Endgeräten gespeichert oder ausgelesen werden.

Damit steht fest, dass Nutzer sich darauf einstellen müssen, beim Surfen durch das Internet auf noch mehr Einwilligungs-Abfragen und Cookie-Banner zu stoßen als bisher. Ebenfalls klar ist, dass Website-Betreiber, die sich (zumindest auch) über Werbeeinnahmen finanzieren oder auf Re-Marketing für ihre Produkte bzw. Services angewiesen sind, wohl mit Einbußen rechnen müssen, weil notwendige Einwilligungen nicht erteilt werden. Aber selbst für einfache Analyse-Tools besteht jetzt eine Einwilligungspflicht. Unternehmen, die noch keine Einwilligungen einholen oder sich noch nicht an die strengen Anforderungen für informierte Einwilligungen halten sind gut beraten, ihre Prozesse schnellstmöglich anzupassen – es ist damit zu rechnen, dass Wettbewerber, Datenschutzbehörden, Websitenutzer und nicht zuletzt Verbraucherschutzverbände jetzt tätig werden (letztere allerdings nur, soweit sie klagebefugt sind).

Update IT-Sicherheitsgesetz 2.0 – Verabschiedung nach der Sommerpause

Im April 2019 war ein Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums für das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 (IT-SiG 2.0) publik geworden. Über diesen hatten wir bereits in einem Blogbeitrag berichtet (verlinkt in diesem Blogbeitrag). Der Referentenentwurf wurde nun vom Ministerium zur Ressortabstimmung an die betroffenen Ministerien verschickt. Die wichtigsten Änderungen im Vergleich zum ersten Entwurf im folgenden Überblick.

English summary: In April 2019, a draft bill for the IT Security Act 2.0 (IT-SiG 2.0) was leaked. We summarized this draft in a previous blog article (linked at the bottom of this blog article). The draft bill has now been sent to the ministries involved for interdepartmental coordination. The most important changes are summarized below.

Bundesverwaltungsgericht ändert Rechtsprechung zur Indizierung durch Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 30. Oktober 2019 (Az. 6 C 18.18) seine Rechtsprechung zu Entscheidungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien geändert (BPjM). Die BPjM ist zuständig für die jugendschutzrechtliche Prüfung von Trägermedien, insbesondere Musik-CDs, DVDs  oder Bluerays sowie Computer- oder Konsolenspielen auf Datenträgern. Das Urteil hat Einfluss auf den Rechtschutz, insbesondere von Urhebern, die von Vertriebs- und Werbebeschränkungen für ihre Werke betroffen sind. Die Entscheidung führt bei genauer Betrachtung zu erweiterten Rechtschutzmöglichkeiten der Betroffenen. Dr. Michael Stulz-Herrnstadt und Fabian Jeschke haben das Urteil des Bundesverwaltungsgericht in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift GRUR-Prax (GRUR-Prax 2020, 138) kommentiert. Über beck-online ist unser Beitrag online abrufbar.

In its ruling of 30 October 2019 (Case No. 6 C 18.18), the Federal Administrative Court changed its case law on decisions of the Federal Review Board for Media Harmful to Young Persons (BPjM). The BPjM is responsible for youth protection evaluation of carrier media, in particular of music CDs, DVDs or Bluerays as well as computer or console games on data carriers. The ruling impacts legal protection in particular of content creators affected by distribution and advertising restrictions on their works. On closer inspection, the decision leads to extended legal protection options for those affected. Dr. Michael Stulz-Herrnstadt und Fabian Jeschke commented on the ruling of the Federal Administrative Court in the current issue of the magazine GRUR-Prax (GRUR-Prax 2020, 138). Our article is available online via beck-online.

Änderungen im Markenverfahrensrecht – Mai 2020

Zum 1. Mai 2020 traten die letzten Änderungen des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes („MaMoG“) in Kraft. Damit werden weitere Vorgaben aus der Markenrechtsrichtlinie (2015/2436/EU) vom 16. Dezember 2015 umgesetzt und ein amtliches „Verfalls“ – und „Nichtigkeitsverfahren“ vor dem Deutschen Patent- und Markenamt („DPMA“) im Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen („MarkenG“) umgesetzt. Changes in trademark …

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BGH urteilt zum Urheberrecht: Sampling nur noch in engen Grenzen zulässig (Teil 2)

Im ersten Teil unserer Serie haben wir darüber berichtet, dass der Bundesgerichtshof entschieden hat, unter welchen Voraussetzungen Reche des Tonträgerhersteller durch das sogenannte Sampling verletzt werden. Danach kann Tonträger-Sampling unter strengen Voraussetzungen weiterhin zulässig sein. In diesem Beitrag behandeln wir die Frage, warum der 22. Dezember 2002 als entscheidende Zäsur für das Urheberrecht gilt und welche Konsequenzen das Urteil des BGH für das Urheberrecht hat.

As reported in the first part of our series, the Federal Court of Justice has decided under which conditions rights of the producer of an audio recording are infringed by the so-called sampling. According to this decision, sound carrier sampling may still be possible under strict conditions. In this article, we discuss the question why December 22, 2002 is considered a decisive caesura for copyright and what other consequences the decision of the Federal Court of Justice has.

BGH urteilt zum Urheberrecht: Sampling nur noch in engen Grenzen zulässig (Teil 1)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 30. April 2020 (Az.: I ZR 115/16 – Metall auf Metall IV) darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen Reche des Tonträgerherstellers durch das sogenannte Sampling verletzt werden. Unter Sampling ist der Vorgang zu verstehen, bei dem Fragmente einer Tonaufnahme in einen neuen musikalischen Kontext gesetzt werden. Das Urteil ist eine wichtige Leitentscheidung für zukünftige Streitigkeiten über die Zulässigkeit von Samples. Dem Verfahren ging ein langjähriger Rechtsstreit voraus, der nun noch einmal an das Hanseatische Oberlandesgericht (HansOLG) zurückverwiesen wurde.

In its ruling of 30 April 2020 (Ref.: I ZR 115/16 – Metall auf Metall IV), the Federal Court of Justice (BGH) decided under which conditions the rights of the producer of an audio recording are infringed by so-called sampling. Sampling is the process by which fragments of a sound recording are placed in a new musical context. The ruling is an important guiding decision for future disputes about the legality of samples. The proceedings were preceded by decades of litigation, which has now been referred back to the Hanseatic Higher Regional Court (HansOLG).