Gesetz über künstliche Intelligenz (KI) und IP-Rechte

Nach derart leidenschaftlich diskutierten Rechtsvorschriften wie die „Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ und der Datenschutz-Grundverordnung stellt sich die EU nun der nächsten großen Herausforderung in der Welt der Technologie: Künstliche Intelligenz. Mit dem Entwurf des „Gesetzes über künstliche Intelligenz” (April 2021) hat die Europäische Kommission einen ersten Versuch unternommen, die weitläufige Welt der KI umfassend zu regeln. Während sich der Gesetzesentwurf ausführlich mit der Regulierung und Klassifizierung der KI-Technologie befasst, findet ein anderer Bereich, der im Zusammenhang mit der Künstlichen Intelligenz von Bedeutung ist, keine Erwähnung: die geistigen Eigentumsrechte oder IP-Rechte.

BGH: Abrufbarkeit eines Fotos allein nach Eingabe eines 70-stelligen Links ist keine Urheberrechtsverletzung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden, dass keine das Urheberrecht verletzende öffentliche Zugänglichmachung vorliegt, wenn ein Foto nur (noch) nach Eingabe einer 70 Zeichen langen URL abrufbar ist (Urteil vom 27.05.2021, Az. I ZR 119/20). Die Erwägungen des Gerichts dürften dabei auch über das Urheberrecht hinaus von Bedeutung sein. Sie können insbesondere auf Streitigkeiten im Bereich des Presse- und Äußerungsrechts übertragen werden.

In a recently published decision, the German Federal Court of Justice ruled that hat the accessibility of a photo only after entering a URL of approximately 70 characters does not qualify as making the photo available to the public and therefore cannot be considered a copyright infringement. The reasoning of the court may however be of relevance beyond copyright law. It can be in particular applicable to disputes in the area of press law.

EuGH: Gerichtsort am Interessenmittelpunkt einer Person erfordert bei einer behaupteten Persönlichkeitsrechtverletzung im Internet die Identifizierbarkeit des Anspruchstellers

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 17. Juni 2021 (Rechtssache C-800/19) seine „e-Date“ Rechtsprechung dahingehend präzisiert, dass eine gerichtliche Zuständigkeit aufgrund einer unerlaubten Handlung (vorliegend Persönlichkeitsrechtsverletzung) in einem anderen Mitgliedsstaat als dem des Beklagten (und Urheber der Verletzungshandlung) gem. Art 7 Nr. 2 EuGVVO zusätzlich voraussetzt, dass der Kläger durch die vorgetragene (Persönlichkeits-) Rechtsverletzung auch objektiv nachprüfbar identifiziert werden kann. Denn erst dann ist es für den Beklagten überhaupt vorhersehbar, an welchem Ort er einer möglichen Klage potentiell ausgesetzt sein kann.

Sofern die Rechtsschutz begehrende Person in einem angegriffenen Beitrag identifizierbar ist, kann sich die Zuständigkeit grundsätzlich an dem Ort ergeben, an welchem sich der Mittelpunkt der Interessen (welches regelmäßig der Ort des tatsächlichen Aufenthalts sein wird) dieser Person befindet  (vgl. EuGH C-509/09 „eDate Advertising“, EuGH C-194/16 „Bolagsupplysningen und Ilsjan“).

With Judgement of June the 17th the European Court of Justice ruled that a special jurisdiction in matters relating to an unlawful act (in this case an infringement of personality rights) can only arise in a Member State other than that of the defendant (and author of the infringing act) in cases in which the plaintiff can also be objectively verifiably identified by the alleged (personality) rights infringement. Only then is it at all foreseeable for the defendant at which location he may potentially be suspended to a possible lawsuit.

Schaulaufen in Berlin: DLA Piper verteidigt „Germany’s Next Topmodel“ für ProSieben erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht

DLA Piper hat die Seven.One Entertainment GmbH erfolgreich in zwei Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin (VG Berlin) vertreten. Konkret ging es um drei Produktplatzierungen der Marken Maybelline und Gillette, die im Rahmen zweier in 2014 und 2015 ausgestrahlten Staffeln der Sendung „Germany’s Next Topmodel“ in Anwendung gezeigt wurden. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hatte darin eine zu starke Herausstellung der platzierten Produkte gesehen und beanstandet, was durch das VG Berlin nun rechtskräftig verworfen wurde.

Bundesgerichtshof: Änderungsrecht in AGB der Bank mit Zustimmungsfiktion unwirksam

Mit Urteil vom 27. April 2021 hat der Bundesgerichtshof (BGH – XI ZR 26/20) entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank , die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen fingieren, unwirksam sind. Das LG Köln hatte die Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände zunächst abgewiesen, der Bundesgerichtshof wich nun davon ab. Die Entscheidung kann weitreichende Auswirkungen auf nachträgliche Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben.

Urheberrechtsnovelle beschlossen

Am 28. Mai 2021 segnete der Bundesrat das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zur Urheberrechtsreform (Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkets) ab. Dieses wurde zuvor vom Bundestag beschlossen, um die sog. DSM-Richtlinie (Digital-Single-Market Urheberrechtsrichtlinie, EU 2019/790 v 17. April 2019) sowie die sog. Online-SatCab-Richtlinie (EU 2019/789 v. 17. April 2019) in nationales Recht umzusetzen. Die Reform des Urheberrechts soll am 7. Juni 2021 – und somit rechtzeitig zur Umsetzungsfrist der Richtlinien – in Kraft treten. Das neu geschaffene Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) etwas später zum 1. August 2021.

English Summary

On 28 May 2021, the Bundesrat (upper house of the German parliament) approved the German government’s copyright reform bill. This was previously passed by the Bundestag in order to transpose the so-called DSM Directive (EU Directive 2019/790 of 17 April 2019), as well as the so-called Online SatCab Directive (EU Directive 2019/789 of 17 April 2019) into national law. The reform is scheduled to enter into force on 7 June 2021 – and thus in time for the transposition deadline of the directives. The newly created Copyright Service Providers Act (UrhDaG) a little later on 1 August 2021.

Expertenbeitrag in der FAZ zum neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021 „Neue Runde im Spiel mit dem Glück“

Am 26. Mai 2021 ist ein Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) zum neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021 von Dr. Michael Stulz-Herrnstadt und Prof. Dr. Stefan Engels erschienen. Die Branchenexperten beleuchten weitreichende Änderungen und Spielräume der neuen Ära im Glücksspielrecht, auf die viele gewartet haben. Der Staatsvertrag bringt eine weitreichende Liberalisierung mit sich – Kernziel ist die Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs in überwachte und regulierte Bahnen, also nicht mehr dessen größtmögliche Eindämmung.

Lesen Sie den gesamten Gastbeitrag in der FAZ hier.

DDV-Webcast zum neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021: Wie darf man künftig werben?

In einem erfolgreichen Webcast in Zusammenarbeit mit dem DDV (Deutscher Dialogmarketing Verband e.V.) haben Dr. Michael Stulz-Herrnstadt und Prof. Dr. Stefan Engels aktuelle und praxisnahe Einblicke in den neuen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV 2021) gegeben. Dieser wird am 1. Juli 2021 in Kraft treten und bringt weitreichende Änderungen mit sich.

In a successful webcast in cooperation with DDV (Deutscher Dialogmarketing Verband e.V.), Dr. Michael Stulz-Herrnstadt and Prof. Dr. Stefan Engels provided up-to-date and practical insights into the new State Treaty on Gambling (GlüStV 2021). This will come into force on July 1, 2021 and brings with it far-reaching changes.

Glücksspielstaatsvertrag 2021 – Neues Spiel, neues Glück

Am 1. Juli 2021 tritt der neue Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) in Kraft, der weitreichende Änderungen und Spielraum mit sich bringt. Alle 16 Bundesländer haben diesen mittlerweile fristgerecht ratifiziert. Darüber hinaus arbeitet der Gesetzgeber an einer Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG), um die Besteuerung der neuen Glücksspielregulierung anzupassen. Wir fassen die wichtigsten Neuerungen für Anbieter, Werbemedien und für die am Zahlungsverkehr Beteiligten zusammen.

Bundesarbeitsgericht zum Umfang des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO – trotz fehlender Entscheidung in der Sache wichtiger Wegweiser für die Praxis

In einem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheidenden Rechtsstreit hatte das Gericht Gelegenheit, über den höchst umstrittenen Umfang des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO zu entscheiden. Konkret ging es um die Frage, ob bzw. inwieweit Art. 15 DSGVO ein Recht auf Erteilung von E-Mail-Kopien gewährt. Diese Frage wird insbesondere im Beschäftigungskontext kontrovers diskutiert. Eine Entscheidung in der Sache erging jedoch nicht, denn das Gericht hielt die Klage bereits für zu unbestimmt und wies sie daher als unzulässig ab. Dieses Ergebnis ist indes nur auf den ersten Blick enttäuschend – die Entscheidung des BAG dürfte vielmehr einen wichtigen Wegweiser für den Umgang mit Auskunftsansprüchen bilden und wird hoffentlich zumindest teilweise für ein Umdenken sorgen.

EU Kommission veröffentlicht Vorschlag des ‚Artificial Intelligence Act‘ – Die Kernpunkte des Game Changers zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz im Überblick

Von France Vehar und Jan Pohle

Die Europäische Kommission hat heute den von Unternehmen, Mitgliedsstaaten und Vertreten der Zivilgesellschaft mit Spannung erwarteten Entwurf einer Verordnung zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI), den ‚Artificial Intelligence Act‘)‚ veröffentlicht.

Der Entwurf folgt auf das ‚Weißbuch zur Künstlichen Intelligenz‘ der Kommission aus dem vergangenen Jahr‚ und führt dessen risikobasierten Ansatz fort. Er bildet den Ausgangspunkt für die Regulierung von KI in der EU. Während bislang viele Regulierungsansätze von Soft Law bis zu einer Verordnung diskutiert wurden, ist der Entwurf dieser Verordnung der Anker für Regulierung, wie ihn sich die Kommission vorstellt. Der Gesetzentwurf wird nun zur weiteren Diskussion und Abstimmung durch das Europäische Parlament gestellt.

Während der Entwurf hehre Ziele verfolgt, stellt er Unternehmen vor gewaltige Herausforderungen, unter anderem durch neue Anforderungen beim Einsatz von KI-Systemen, insbesondere von sogenannter ‚Hochrisiko-KI‘, der Möglichkeit der Untersagung des Einsatzes von KI-Systemen in bestimmten Fällen und dem Risiko von Bußgeldern von in bestimmten Fällen bis zu 30.000.000 EUR bzw. 6% des weltweiten Jahresumsatzes. Er verbietet zudem einige Fallgruppen von KI vollständig bzw. grundsätzlich. Da KI-Systeme die Lebensbereiche aller Bürger erreichen, ist der Entwurf auch gesamtgesellschaftlich von hoher Relevanz.

Dieser Beitrag zeigt die Kernpunkte des Entwurfs auf und gibt einen Ausblick auf den weiteren legislativen Prozess.

Regulatory Pressure For Cybersecurity Increases: Key Aspects of the German Federal Government’s Draft Bill for an IT Security Act 2.0 and Next Steps in the Legislative Process

By France Vehar and Jan Pohle

On 16 December 2020 the German Federal Government passed a draft bill for a ‘Second Bill To Increase The Security of Information Technology Systems’ (‘Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme’, “IT-SiG 2.0-E”). The IT SiG 2.0 is now up for adoption by the German Bundestag. The German Federal Government seeks to have such law adopted by the end of this legislative period (i.e. in early autumn 2021).

Adding on the first ‘Bill To Increase The Security of Information Technology Systems’ of 17 July 2015 (“IT-SiG”), the purpose of the IT-SiG 2.0-E is to implement proceedings to avert threats to cyber and information security for the state, the economy and society. While such goals are pivotal to pursue, the planned measures certainly have a significant impact on operations of companies. In essence, the draft introduces more rights of the Federal Office for Information Security (‘Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik’, “BSI”) and more obligations and risk of higher administrative fines for so-called operators of critical infrastructures, companies of special public interest (‘Unternehmen im besonderen öffentlichen Interesse’) and manufacturer of critical components.

The IT-SiG sets out amendments to the Act of the Federal Office for Information Security (‘Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik’, “BSIG-E”) and respective changes in a few other laws (German Telecommunications Act (‘Telekommunikationsgesetz’, “TKG”), Law On Electricity And Gas Supply (‘Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung’, “EnWG”), the Foreign Trade and Payments Regulation (‘Außenwirtschaftsverordnung’, „AWV”) and Volume X of the Social Insurance Code (‘Zehnte Buch Sozialgesetzbuch’, “SGB X”).

This article sets out the key planned changes of the Federal German Government’s draft IT-SiG 2.0 of 16 December 2020 to the current law and outlines the next steps in the legal proceedings, such as a decision on requests for amendments to the IT-SiG 2.0-E by the German parties CDU/CSU and SPD of 20 April 2021 which is on the agenda of the German Bundestag on Friday 23 April 2021.

BGH: Zusatzgebühren für Zahlungen mittels Sofortüberweisung oder PayPal zulässig

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Erhebung von Entgelt für die Zahlungsmittel „Sofortüberweisung“ oder „PayPal“ rechtens ist. Das Entgelt darf dabei lediglich für die Nutzung dieser Zahlungsmittel und nicht für eine damit im Zusammenhang stehende Nutzung einer Lastschrift, Überweisung oder Zahlungskarte verlangt wird (BGH, Urt. v. 25.03.2021 – I ZR 203/19). Die Erhebung verstößt dann nicht gegen § 270a BGB, der eine Unwirksamkeit für Vereinbarungen der Gebührenpflichtigkeit einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte festlegt.

The Federal Court of Justice (BGH) has ruled that the charging of fees for the payment methods “Sofortüberweisung” or “Paypal” is legal. The fee may only be charged for the use of these means of payment and not for a related use of a direct debit, bank transfer or payment card (BGH, judgment dated March 25, 2021 – I ZR 203/19). The charge then does not violate Section 270a of the German Civil Code (BGB), which constitutes an invalidity for agreements on the chargeability of a SEPA core direct debit, a SEPA corporate direct debit, a SEPA credit transfer or a payment card.

Lang ersehnte Grundsatzentscheidung des BGH zur rechtlichen Einordnung von Kilometerleasingverträgen

Nach fast Jahrzehnte langem Streit in Rechtsprechung und Literatur zur rechtlichen Einordnung von Kilometerleasingverträgen hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) nach der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2021 (VIII ZR 36/20) entschieden, dass reine Kilometerleasingverträge, d.h. Leasingverträge, die weder eine Erwerbspflicht noch ein Andienungsrecht noch eine Restwertgarantie seitens des Leasingnehmers am Ende der Vertragslaufzeit vorsehen, nicht …

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