Neue Pflichten im Verbraucherschutz – Eingeschränkte Optionen zur automatischen Vertragsverlängerung und Einführung des „Kündigungsbuttons“

Von Katja-Maria Harsdorf, Anika Kruse und Alexander Faid

Als eines der letzten Projekte der Großen Koalition hat der Bundestag am 24. Juni 2021 das „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ verabschiedet (BT-Drs. 19/30840), das am 17. August 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde (BGBl 2021 Teil I Nr. 53, S. 3433 ff. Damit hat der Verbraucherschutz erneut an Boden gewonnen.  Das Gesetz beinhaltet unter anderem weitreichende Neuerungen für die Laufzeit von Verträgen, die einen regelmäßigen Leistungsaustausch oder die fortwährende Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen beinhalten (landläufig: “Abonnements”). Außerdem wird ein “Kündigungsbutton” eingeführt. Die Möglichkeit, sich von elektronisch geschlossenen Dauerschuldverhältnissen wieder lösen zu können, soll hierdurch für Verbraucher erleichtert werden. Die Regelungen treten im Hinblick auf die Vertragsverlängerungsoptionen bereits zum 01. März 2022, bezüglich des Kündigungsbuttons erst zum 01. Juli 2022 in Kraft.

On June 24, 2021, the German Federal Parliament (Bundestag) passed the Fair Consumer Contracts Act (BT-Drs. 19/30840), which includes extensive innovations for the term of contracts that involve a regular exchange of services or the long-term provision of services or works (commonly known as: “subscriptions”), as well as the first-time introduction of a “cancellation button”. This is intended to make it easier for consumers to cancel a contract that has been concluded for a longer period of time and, overall, to make an additional contribution to the desired high level of consumer protection. The regulations will come into force with regard to the contract extension options on March 1, 2022 and with regard to the cancellation button on July 1, 2022.

Automatische Vertragsverlängerungen nur noch in begrenztem Umfang möglich

Nach der bisherigen Gesetzeslage waren Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“, also vorformulierte Vertragsbedingungen), die eine stillschweigende Verlängerung des bestehenden Abonnements vorsahen, grundsätzlich zulässig, sofern der Verlängerungszeitraum nicht mehr als ein Jahr betrug und der jeweilige Verbraucher höchstens 3 Monate vor dem eigentlichen Ende des Vertrages diesen wieder kündigen bzw. die Verlängerung verhindern konnte. Diese in § 309 Nr. 9 BGB angeordneten Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit werden nun deutlich verschärft. So kann die stillschweigende Verlängerung eines Vertragsverhältnisses durch den Unternehmer nur noch dann wirksam in AGB festgelegt werden, wenn sich das Vertragsverhältnis zwar zunächst auf unbestimmte Zeit verlängert, der Kunde aber zugleich das Recht erhält, das automatisch verlängerte Abonnement jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat kündigen zu können (§ 309 Nr. 9 b) BGB n.F.). Ursprünglich war im Gesetzesentwurf der Bundesregierung sogar geplant, stillschweigende Verlängerungen noch stärker zu begrenzen und mit der Verpflichtung zu verbinden, dass der Unternehmer den Verbraucher auf die bevorstehende Verlängerung schriftlich hinzuweisen hat[1]. Derartige Hinweispflichten sind in der nun verkündeten Gesetzesfassung jedoch nicht mehr vorgesehen. Jedoch hat der Kunde nun auch länger Zeit, die stillschweigende Verlängerung des befristeten Vertrages in ein unbefristetes Vertragsverhältnis von Beginn an zu verhindern. Die ehemals einzuhaltende Kündigungsfrist von bis zu 3 Monaten wurde nun verbraucherfreundlich ebenfalls auf einen Monat verkürzt (§ 309 Nr. 9 c) BGB n.F.).

Vom Anwendungsbereich erfasst sind alle Vertragsverhältnisse, welche die regelmäßige Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen zum Gegenstand haben. Unter den Begriff der Ware fallen hierbei auch digitale Inhalte (§ 312f Abs. 3 BGB), die nicht mehr körperlich vertrieben, sondern wie E-Books, Hörbücher oder Musikstücke zum digitalen Abruf zur Verfügung gestellt werden[2]. Typischerweise betreffen die Bestimmungen also Abo-Verträge über Zeitschriften, E-Books und Filmwerke oder auch das Streamen von Musikstücken. Als regelmäßig erbrachte Dienstleistungen kommen demgegenüber Mobilfunk- oder Internetzugangsverträge in Betracht. Dass sich der Vertrag rechtlich auch als ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis darstellt, ist hierbei nicht zwingend erforderlich, weshalb dieser Begriff auch erstmals aus dem Wortlaut des § 309 Nr. 9 BGB entfernt wurde. Freilich steht dies nicht der Tatsache entgegen, dass es sich letztlich bei der Vielzahl der in Betracht kommenden Verträge um Dauerschuldverhältnisse handeln wird.

Erleichterte Kündigungsmöglichkeit bei Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr

Eine weitere wesentliche und vor allem in der Umsetzung einschneide Änderung stellt der ab dem 01. Juli 2022 geltende § 312k BGB n.F. dar. Dieser wirkt praktisch spiegelbildlich zur schon seit einigen Jahren geltenden “Button-Lösung” in § 312j Abs. 3 BGB, die ungewollte Vertragsabschlüsse bzw. sogenannte “Abo-Fallen” im Internet verhindern soll. Unternehmen, die es Verbrauchern ermöglichen, Dauerschuldverhältnisse im elektronischen Geschäftsverkehr über eine Webseite abzuschließen, sind nunmehr angehalten, nicht nur die Schaltfläche zum Vertragsschluss explizit als solche zu kennzeichnen (“Jetzt zahlungspflichtig bestellen“). Vielmehr müssen sie auch eine Kündigungsschaltfläche „ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich“ bereitstellen, mittels derer sich ein Verbraucher unkompliziert wieder vom geschlossenen Vertrag lösen kann. Dieser Kündigungsbutton darf – vergleichbar dem Bestellbutton – mit nichts anderem als den Worten “Verträge hier kündigen” oder mit einer entsprechenden eindeutigen Bezeichnung beschriftet sein. Ob und in welchem Umfang dem Verbraucher tatsächlich ein Kündigungsrecht zusteht, ist für die Implementierung der entsprechenden Gestaltungselemente irrelevant, da durch die Neureglung einzig eine erleichterte Erklärung der Kündigung ermöglicht werden soll.

Neben dem zu implementierenden Kündigungsbutton ist auch eine Bestätigungsseite bereitzuhalten, über die der Verbraucher Angaben zur Art der Kündigung, zu seiner Identifizierbarkeit, zur Vertragsbezeichnung, zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung den Vertrag beenden soll sowie zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung machen kann (§ 312k Abs. 2, S. 3 Nr. 1 BGB). Ist eine Kündigung dann auf diesem Weg über eine nachgelagerte “Bestätigungsschaltfläche” (§ 312k Abs. 2, S. 3 Nr. 2 BGB) durch den Verbraucher übermittelt, muss der Unternehmer unverzüglich den Inhalt, das Datum und die Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Beendigungszeitpunkt auf elektronischem Wege in Textform bestätigen. Zudem muss die Kündigungserklärung vom Verbraucher selbst zu Beweiszwecken auf seinem eigenen Server abgespeichert werden können.

Die technische anspruchsvolle Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen (immerhin soll die Kündigung ohne Einloggen in den Account möglich sein, was die Frage der Authentifizierung aufwirft) wird für Online-Händler und im E-Commerce agierende Unternehmen vor allem mit Blick auf die Rechtsfolge bei fehlerhafter Umsetzung relevant sein (§ 312k Abs. 6 BGB). Denn ist die Bereitstellung eines Kündigungsbuttons und der Bestätigungsseite nach den neuen Regelungen notwendig und werden sie trotz dessen nicht oder nicht richtig zur Verfügung gestellt, soll der Verbraucher einen eingegangenen Vertrag jederzeit und ohne Einhaltung einer Frist kündigen können. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die neuen Pflichten des § 312k BGB auch in Hinblick auf Schuldverhältnisse gelten, die vor dem 1. Juli 2021 entstanden sind. Auch für diese muss also eine vereinfachte Kündigungsmöglichkeit durch eine entsprechende technische Gestaltung gewährleistet werden.

Ausblick und Bewertung

Insgesamt stellen die gesetzlichen Neuerungen im Verbraucherrecht Unternehmen sowohl in rechtlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht auf die Probe. So ist die Einhaltung der neuen Bestimmungen im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zuvorderst ratsam, um jederzeitige Kündigungen durch Verbraucher sowie Abmahnungen und Unterlassungsansprüche von Wettbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden zu vermeiden. Daneben wird es aus Unternehmersicht an Priorität gewinnen, bestehende Preismodelle und Amortisationszeiten von Abonnements an die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen.

Schwierigkeiten dürften sich zudem auch bei der Implementierung des neuen Kündigungsbuttons ergeben. Denn ob das jeweilige Geschäftsmodell vom Anwendungsbereich der gesetzlichen Verpflichtungen erfasst ist, welche entsprechend eindeutige Beschriftung des Buttons konkret noch zulässig ist und wie die Gestaltung der bereitzuhaltenden Bestätigungsseite auszusehen hat, bedarf der genauen Prüfung im Einzelfall. Aufgrund der Aktualität der Regelung kann hierzu derzeit noch nicht auf eine gefestigte Judikatur zurückgegriffen werden.

[1] RegE für faire Verbraucherverträge S. 4, (https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_Faire_Verbrauchervertraege.pdf?__blob=publicationFile&v=2)

[2] BeckOGK/Weiler, 1.6.2021, BGB § 309 Nr. 9 Rn. 51