OLG München: Instagram-Posts von Influencerin Cathy Hummels mussten nicht als Werbung gekennzeichnet werden

Von Prof. Dr. Stefan Engels und Lennart Elsaß

Das OLG München hat entschieden, dass die Influencerin Cathy Hummels nicht verpflichtet ist, Posts, in denen sie Produkte zeigt und die Hersteller verlinkt, ohne eine Gegenleistung hierfür zu erhalten, als Werbung zu kennzeichnen (Urteil vom 25.06.2020, Az.: 29 U 2333/19). Sie habe dabei zwar nicht allein zu privaten Zwecken gehandelt, sondern auch ihr Image verbessern wollen, um für potenzielle Werbepartner attraktiver zu sein. Dies reiche jedoch für die Annahme einer geschäftlichen Handlung im Sinne des UWG nicht aus.

The Higher Regional Court of Munich has ruled that the influencer Cathy Hummels is not obliged to label posts in which she shows products and links the manufacturers without receiving any consideration as advertising. The court acknowledged that she did not only act for private purposes, but also wanted to strengthen her image in order to gather more interest from potential advertising partners. However, that was deemed not to be sufficient to regard them as commercial practices and therefore the German Act against Unfair Competition does not apply.

Sachverhalt

Die Beklagte Cathy Hummels ist Influencerin und unterhält einen Account auf der Plattform Instagram mit inzwischen über einer halben Million Abonnenten. In ihren Posts beschäftigt sie sich mit Mode, ihrem Leben als Mutter, Yoga, Reisen und anderen Themen. Gegenstand des Rechtsstreits waren vier Posts, in denen die Instagram-Profile der Hersteller von Produkten, die auf den Fotos zu sehen waren, mittels sogenannter Tags verlinkt wurden, wofür nach Angaben der Beklagten weder eine Gegenleistung gefordert noch gewährt wurde. Der Kläger, ein Wettbewerbsverband, meinte, diese Beiträge hätten als Werbung gekennzeichnet werden müssen und klagte deshalb auf Unterlassung.

Entscheidung des Gerichts

Wie schon das LG München als I. Instanz (Urteil vom 29.04.2019, Az.: 4 HK O 14312/18) wies auch das OLG München die Klage ab.

Das Veröffentlichen der Beiträge ohne Kennzeichnung sei nicht unlauter im Sinne von § 5a Abs. 6 UWG. Nach dieser Vorschrift handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Zentrale Voraussetzung ist deshalb zunächst, dass überhaupt eine „geschäftliche Handlung“ vorliegt. Diese wird in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG definiert als jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Schon hieran habe es im Falle der vier streitgegenständlichen Posts nach Ansicht des OLG bereits gefehlt.

Das Gericht legte dabei die Annahme zugrunde, dass Cathy Hummels keine Gegenleistung für die Posts erhalten hat. Dies hatte der Kläger zwar behauptet, jedoch keine Beweise angeboten. Das OLG erkannte zwar an, dass die Posts nicht allein zu privaten Zwecken veröffentlicht worden seien, sondern die Influencerin dabei auch als Unternehmerin gehandelt habe. Mit der Aufwertung ihres Images durch eine Erhöhung der Followerzahl und der Steigerung der Interaktionen der Nutzer mit ihren Posts werde sie nämlich für Unternehmen als Werbepartnerin attraktiver. Das allgemeine Interesse, sich für Werbeverträge interessant zu machen, reiche jedoch nicht aus, um den erforderlichen Zusammenhang zwischen den Posts und der Absatzförderung anzunehmen. Das LG hatte dies noch anders beurteilt und das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung mit der Begründung angenommen, Hummels fördere jedenfalls ihr eigenes Unternehmen.

Nach Ansicht des OLG kam die Influencerin mit den Posts samt Verlinkungen auch einem Informationsinteresse ihrer Follower nach, weshalb die Tags und Links genauso wie die Informationen zu ihren Erlebnissen und Eindrücken zum redaktionellen Teil ihrer Posts gehören würden. Sie dienten damit vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen. Insofern sei die Situation vergleichbar mit Modezeitschriften, in denen ebenfalls Produkte dargestellt und beschrieben würden. Dass hierbei auch der Absatz der gezeigten Produkte gefördert werde, sei „ein bloßer Reflex der Selbststarstellung der Beklagten.“

Das Gericht hätte an dieser Stelle bereits die Prüfung abbrechen können. Es sah sich jedoch veranlasst, zusätzlich klarzustellen, dass selbst wenn die jedem Post immanente Eigenwerbung zur Annahme einer geschäftlichen Handlung führen würde, das Verhalten nicht unlauter sei. Der kommerzielle Zweck der Handlung ergebe sich nämlich jedenfalls unmittelbar aus den Umständen, weshalb es einer besonderen Kenntlichmachung auch dann nicht bedurft hätte. Die Nutzer von Instagram würden auf den ersten Blick und ohne Zweifel erkennen, dass die Posts auch der Wertsteigerung des Images der Beklagten dienen und ihr damit Vorteile für Werbeverträge bringen würden. Insofern liegt das OLG wiederum auf einer Linie mit der Vorinstanz, die trotz Annahme einer geschäftlichen Handlung wegen der Erkennbarkeit des kommerziellen Charakters das Bestehen von Ansprüchen abgelehnt hatte.

Ansprüche auf rundfunkrechtlicher und telemedienrechtlicher Grundlage lehnte das Gericht ebenfalls ab, da § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV sowie § 2 Nr. 5 lit. b) TMG nur bei Gewährung einer Gegenleistung einschlägig seien.

Praxishinweis

Auch ohne dass eine Gegenleistung versprochen wurde, kann ein Beitrag eine geschäftliche Handlung darstellen und damit unter das UWG fallen. Die Problematik, wann ein werblicher Überschuss ohne sachliche Rechtfertigung anzunehmen ist, ist zwar bereits in Bezug auf Beiträge im Print- und Rundfunkbereich bekannt (siehe etwa BGH, Urteil vom 30.04.1997, Az.: I ZR 196/94 – Die Besten I). Die Rechtsprechung ist hinsichtlich Posts in sozialen Netzwerken gleichwohl noch sehr uneinheitlich, weshalb zahlreiche Unsicherheiten für Influencer bestehen. Die Entscheidungen der Gerichte unterscheiden sich sowohl im Ergebnis als auch in den Begründungen teilweise ganz erheblich.

Das OLG Karlsruhe nahm etwa im Fall der Influencerin Pamela Reif erst kürzlich an, dass sich ein solcher Werbeüberschuss bereits daraus ergebe, dass die Nutzer über die Tags auf das Instagram-Profil der verlinkten Unternehmen gelangen könnten, das der Optik eines Onlineshops nachgebildet sei (Urteil vom 09.09.2020, Az.: 6 U 38/19). Auch das OLG Braunschweig ließ es ausreichen, dass durch die Verlinkung das fremde Unternehmen bekannter und dessen Absatz gefördert werde (Urteil vom 13.05.2020, Az.: 2 U 78/19 ). Das Kammergericht dagegen differenzierte danach, ob der Post als redaktioneller Beitrag zu qualifizieren ist, der vorranging der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient (Urteil vom 08.01.2019 – 5 U 83/18; auch unter diesem Blogbeitrag). In diese Richtung geht auch die vorliegende die Entscheidung des OLG München, das eine Parallele zu Artikeln über Produkte in Modezeitschriften zieht und der Ansicht ist, dass die Informationen zu den Produkten sowie die angebrachten Tags und Links zum redaktionellen Teil der Posts gehören.

Dem OLG München war es offenbar auch wichtig, klarzustellen, dass sich aus der Tatsache, dass die Influencerin durch ihre Posts attraktiver für zukünftige Werbedeals mit Unternehmen wird, unter keinen Umständen eine Unlauterkeit begründen kann. Dies ist auch überzeugend, da sonst praktisch jeder Post von Influencern als geschäftliche Handlung qualifiziert werden müsste. Ebenfalls nachvollziehbar ist, dass ein sich hieraus ergebender kommerzieller Charakter jedenfalls auch ohne Kennzeichnung erkennbar wäre, da jedem Instagram-Nutzer klar sein dürfte, dass professionelle Influencer durch das Eingehen von bezahlten Partnerschaften Geld verdienen und deshalb auch außerhalb von konkreten Aufträgen auf die Pflege ihres Images bedacht sind. Auch insofern ist jedoch das bereits zitierte OLG Karlsruhe anderer Meinung, da die Posts darauf gerichtet seien, Aufmerksamkeit und Resonanz in Verbraucher- und Unternehmerkreisen zu erzielen, wovon das Unternehmen der Influencerin profitieren würde (OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.09.2020, 6 U 38/19). Dieser Ansicht ist beispielsweise auch das LG Köln (Urteil vom 21.07.2020, Az.: 33 O 138/19).

Eine vermittelnde Ansicht vertritt dagegen das OLG Hamburg, das zwar das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung sowohl mit der Förderung des Absatzes der verlinkten Unternehmen als auch des eigenen Unternehmens der Influencerin begründete, aber annahm, dass sich der kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergebe (Urteil vom 02.07.2020, Az.: 15 U 142/19).

Angesichts dieser Uneinigkeit der Rechtsprechung können Influencer kaum noch einschätzen, wann eine Kennzeichnung erforderlich ist und wann nicht. Das OLG München hat jedoch die Revision zum BGH zugelassen, die dort bereits unter dem Az. I ZR 126/20 geführt wird. Es bleibt deshalb zu hoffen, dass eine Entscheidung der Karlsruher Richter endlich Rechtssicherheit bringen wird.