Änderungen im Markenverfahrensrecht – Mai 2020

Zum 1. Mai 2020 traten die letzten Änderungen des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes („MaMoG“) in Kraft. Damit werden weitere Vorgaben aus der Markenrechtsrichtlinie (2015/2436/EU) vom 16. Dezember 2015 umgesetzt und ein amtliches „Verfalls“ – und „Nichtigkeitsverfahren“ vor dem Deutschen Patent- und Markenamt („DPMA“) im Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen („MarkenG“) umgesetzt.

Changes in trademark procedural law

On 1 May 2020, the latest amendments to the German Trademark Law Modernization Act (“MaMoG”) came into force. This implements further provisions of the Trademark Directive (2015/2436/EU) of 16 December 2015 and introduces a “revocation” and “invalidity proceedings” before the German Patent and Trade Mark Office (“DPMA”) in the German Act on the Protection of Trade Marks and other Signs (“MarkenG”).

Einführung amtlicher Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren

Durch die Regelung eines Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren nach § 53 MarkenG n.F. wird das praktisch kaum wirksame Löschungsverfahren vor dem DPMA abgelöst. Bis zur Neuregelung bestand lediglich die Möglichkeit, einen Antrag auf Löschung einer eingetragenen Marke wegen Verfalls (wegen Nichtbenutzung gemäß § 49 MarkenG) oder Nichtigkeit (wegen älterer Rechte, § 51 MarkenG) beim DPMA zu stellen, welcher im Falle eines Widerspruchs des Inhabers der eingetragenen Marke allerdings gerichtlich weiterverfolgt werden musste.

Nach § 53 Abs. 5 MarkenG n.F. kann das Verfahren nunmehr auch vor dem DPMA verfolgt werden, womit ein echtes Alternativverhältnis zwischen amtlichem und gerichtlichem Verfahren entsteht. Eine Inanspruchnahme beider Verfahren ist hierbei ausgeschlossen, da durch den Antrag beim bzw. die Entscheidung des DPMA die Klageerhebung bei bzw. Entscheidung des Gerichts nach § 55 MarkenG n.F. (ebenso umgekehrt) unzulässig ist. Weiterhin werden die Verfahren zur Erklärung des Verfalls und der Nichtigkeit wegen absoluter Schutzhindernisse und älterer Rechte einheitlich geregelt.

Vorteile der neuen Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren

Die durch das neue Verfahren entstehende Vorteile sind vielfältig. Bei der Geltendmachung von relativen Schutzhindernissen aufgrund älterer Rechte (§ 51 MarkenG) kann erstmalig ein Antrag außerhalb des Widerspruchs- oder eines gerichtlichen Verfahrens gestellt und durch das DPMA entschieden werden. Auch bei dem Verfallsverfahren (§ 49 MarkenG) kann, wie zuvor ausgeführt, zukünftig nicht mehr nur das Zivilgericht eine abschließende Entscheidung treffen. Das Nichtigkeitsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse (§§ 50, 53 MarkenG) ändert sich nur geringfügig, es verbleibt weiter in der ausschließlichen Zuständigkeit des DPMA.

Verfahrensablauf vor dem DPMA

Nach dem Antrag bzw. der Einleitung eines Nichtigkeitsverfahrens wird zunächst das bisher bekannte Verfahren durchgeführt, wobei bereits mit dem Antrag alle zur Begründung des Antrags dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben sind. Danach muss sich der Inhaber der eingetragenen Marke innerhalb von zwei Monaten hierzu erklären. Erfolgt kein (fristgerechter) Widerspruch wird die Nichtigkeit oder der Verfall erklärt und die Eintragung gelöscht. Sofern Widerspruch eingelegt wird, wird dies dem Antragsteller mitgeteilt.

Kernpunkt der Neuregelung ist, dass mit der Zahlung einer (im Hinblick auf eine gerichtliches Verfahren wohl geringeren) Gebühr das Verfahren trotz des Widerspruchs fortgesetzt wird und sich damit die nach § 56 Abs. 3 MarkenG zuständige Markenabteilung mit dem Verfahren befassen muss. Dritte können diesem Verfahren nach § 54 MarkenG n.F. beitreten. Die anschließende Entscheidung beendet das laufende Verfahren, ohne dass sich ein Zivilgericht mit dem Streitgegenstand befasst.

Unterschiede zum Widerspruchsverfahren

Neben dem Nichtigkeitsantrag bzw. der Nichtigkeitsklage wegen Bestehens älterer Rechte nach §§ 53, 51 MarkenG kann innerhalb einer Frist von 3 Monaten bei der Geltendmachung älterer Rechte das Widerspruchsverfahren wegen Bestehens älterer Rechte (§ 42 MarkenG) eingeleitet werden. Das vor dem DPMA geführte Widerspruchsverfahren überschneidet sich also nunmehr insbesondere auch mit dem neuen amtlichen Nichtigkeitsverfahren, wobei sich die Verfahren gegenseitig nicht ausschließen.

Es ist – neben den Gebühren und dem Umfang der Rechte, die geltend gemacht werden können – als unterscheidend zu beachten, dass bei einem Widerspruchsverfahren eine Erinnerung gegen die Entscheidung des DPMA (der Markenstelle, nach § 64 Abs. 1 MarkenG) eingelegt werden kann. Somit wird noch einmal eine behördeninterne Entscheidung bewirkt und es muss nicht unmittelbar, wie beim Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren, das Bundespatentgericht im Anschluss angerufen werden (§ 66 Abs. 1 MarkenG).

Daneben entfällt im Widerspruchsverfahren der sog. „wandernde“ Benutzungszeitraum (42 Abs. 1 Satz 2 MarkenG a.F.). Folglich muss im Falle der Einrede des Antragsgegners die Benutzung der älteren Marke nicht mehr bis zu der das Widerspruchsverfahren beendenden Entscheidung nachgewiesen werden, sondern es jetzt ist wie im Unionsmarkenrecht ausschließlich auf den Anmelde- bzw. Prioritätszeitpunkt der angegriffenen Marke abzustellen. Im Verfallsverfahren vermag dies allerdings gemäß § 53 Abs. 6 bzw. § 55 Abs. 3 MarkenG n.F. weiterhin der Fall zu sein.

Fazit und Hinweise für die Praxis

Insgesamt werden die Rechtsschutzmöglichkeiten von Markeninhabern durch die neuen Verfahrensarten vor dem DPMA als echte Alternative zum gerichtlichen Verfahren deutlich verbessert. Es besteht nunmehr ein Wahlrecht für den Antragsteller, ob er das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten mit der Nichtigkeitsklage (wegen relativer Schutzhindernisse) oder Verfallsklage (wegen Nichtbenutzung) oder das viel kostengünstigere vor dem Amt bevorzugt. Letzteres ist allerdings nun unter Angabe der Beweismittel direkt zu begründen, wobei bei ersterem immerhin eine Kostenerstattung des Obsiegenden verlangt werden kann, was bei den Amtsverfahren die absolute Ausnahme darstellt.

Beim Nichtigkeitsantrag, der grundsätzlich neben der Erhebung eines Widerspruchs gestellt werden kann, ist zudem zu bedenken, dass dieser eine umfassendere Geltendmachung von Rechten mit älterem Zeitraum ermöglicht: Es können nämlich nicht nur die nach §§ 9-12, 13 Abs. Abs. 1, 2 Nr. 5 MarkenG geschützten Rechte, sondern vielmehr sämtliche sonstige ältere Rechte gemäß § 13 Abs. 2 MarkenG, d.h. auch Namensrechte, Recht an der eigenen Abbildung, Urheberrechte, Sortenbezeichnungen, geographische Herkunftsangabe und sonstige gewerblichen Schutzrechte entgegen gehalten werden.

Auch die Benutzungsschonfristen der Marken sollten nicht aus den Augen verloren werden. Zwar wurde die im Widerspruchsverfahren geltende sog. wandernde Benutzungszeitraum abgeschafft. Für diese Fälle steht jedoch das Verfallsverfahren nunmehr auch vor dem DPMA zur Verfügung.

Es bleibt abzuwarten, ob  Verfahren vor dem DPMA tatsächlich zügiger und effizienter abgewickelt werden. Derzeit kann eine Widerspruchsentscheidung bereits 2-5 Jahre beanspruchen.