EuGH schafft Rechtssicherheit bei unpräzisen Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen und bösgläubigen Markenanmeldungen

Das Urteil des EuGH in Sachen Sky vs. SkyKick (C-371/18) sorgt für mehr Rechtssicherheit bei Markeninhabern. Danach wird eine nationale oder EU-Marke durch die Verwendung von unklaren und unpräzisen Begriffen für die Bezeichnung der Waren und Dienstleistung nicht ungültig oder nichtig bzw. ist wegen „Bösgläubigkeit“ zu löschen. Insoweit klärt der EuGH, wann eine derartige Markenanmeldung als „bösgläubig“ anzusehen ist und inwieweit sich dies auf die erfassten Waren und Dienstleistungen auswirkt.

The judgment of the CJEU in Sky vs. SkyKick (C-371/18) provides more legal certainty for trademark owners. According to this ruling the use of unclear and imprecise terms to designate goods and services does not render a national or EU-trademark invalid or void nor must it be cancelled due to “bad faith”. In this respect the CJEU clarifies when such a trademark application is to be regarded as “bad faith” and to what extent this affects the goods and services covered.

Hintergrund

In dem zugrundeliegenden UK-Verfahren hatte der bekannte Satelliten- und Digitalfernsehsender Sky das Start-up Unternehmen SkyKick, welches Dienstleistungen im Bereich der Cloud-Migration anbietet, wegen Verletzung seiner gleichnamigen Marken vor dem High Court of Justice (England & Wales) verklagt. Sky berief sich insbesondere auf Waren der Klasse 9 der Nizzaer Klassifikation und darunter auf Begriffe wie „Computersoftware“ etc. SkyKick bestritt die Markenverletzung und erhob Widerklage auf Nichtigerklärung der Marken von Sky, weil (i) es den Spezifikationen der Waren und Dienstleistungen von Sky an Klarheit und Präzision mangelte und (ii) die Marken von Sky bösgläubig angemeldet wurden, weil Sky eine Nutzung der streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen nie beabsichtigte. Die Marken seien nur deshalb so umfassend angemeldet worden, um andere Unternehmen am Markteintritt zu hindern.

Mit der Vorlage durch das englische Gericht war der EuGH berufen darüber zu befinden, ob nicht eindeutige Begriffe zur Bezeichnung der Waren und Dienstleistung die Nichtig- oder Ungültigkeit einer Marke begründen können. Auch hatte er sich mit der Frage zu beschäftigen, wie die Bösgläubigkeit bei einer Markenanmeldung auszulegen ist und inwieweit sich deren Vorliegen auf die Markenregistrierung auswirkt.

Entscheidung des EuGH

Entgegen der vom Generalanwalt geäußerten Ansicht konstatiert der EuGH zunächst, dass die mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit bei Begriffen der Waren und Dienstleistungen keinen Nichtigkeitsgrund darstellt, aufgrund dessen eine eingetragene nationale oder EU-Marke nachträglich ganz oder teilweise zu löschen ist. Es fehle bereits es an einer ausdrücklichen Nennung in den Nichtigkeitsgründen, deren Aufzählung erschöpfend sei. Zudem könne die Aufnahme weit gefasster bzw. unklarer Begriffe wie „Computersoftware“ in Markenspezifikationen nicht als gegen die öffentliche Ordnung verstoßend angesehen werden.

Im Weiteren geht der EuGH näher auf die Bösgläubigkeit ein. Der Begriff ist nicht legaldefiniert, ist aber als autonomer Begriff des Unionsrechts auszulegen. Zuvor hatte der Gerichtshof bereits entschieden, dass bei der Auslegung auch der besondere markenrechtliche Kontext, nämlich der des Geschäftslebens, zu berücksichtigen ist. Bösgläubigkeit liegt dann vor, wenn sich aus schlüssigen und übereinstimmenden Indizien ergibt, dass der Inhaber einer Marke die Anmeldung mit der Absicht eingereicht hat,

  • in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise die Interessen Dritter zu untergraben, oder
  • sich ohne Bezug zu einem konkreten Dritten ein Monopolrecht für andere Zwecke als die Erfüllung der Funktion einer Marke (insbes. Herkunftsangabe) zu erlangen.

Die Bösgläubigkeit könne aber nicht schon daraus geschlossen werden, dass der Anmelder bei der Markenanmeldung nicht in dem Geschäftsbereich der von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen tätig war. Es müsse zwischen einer schädlichen Absicht und dem unschädlichen Unwissen, wie die Marke benutzt werden soll, unterschieden werden. Zur tatsächlichen Benutzungsaufnahme stehe ihm die 5-jährige Benutzungsschonfrist zu.

Die Feststellung von Bösgläubigkeit auf der Grundlage mangelnder Benutzungsabsicht für einige der erfassten Waren und Dienstleistungen mache aber nur die Eintragung für diese Waren und Dienstleistungen und nicht die gesamte Eintragung nichtig bzw. ungültig.

Folgen und Praxishinweis

Das Urteil war von Markeninhabern mit einiger Besorgnis erwartet worden, da es in der EU durchaus Praxis ist, weit gefasste Begriffe und Spezifikationen zu verwenden, um einen möglichst weitgehenden Schutz in den angemeldeten Waren- und Dienstleistungsklassen zu erreichen. Der EuGH hatte in seinem IP Translator Urteil (C-307/10 vom 19. Juni 2012) bereits entschieden, dass die Verwendung sämtlicher Nizza-Klassenüberschriften nicht länger als Anspruch auf alle Waren und Dienstleistungen in dieser Nizza-Klasse behandelt werden darf. Daraufhin hatten viele Markeninhaber ihre Markenportfolios überprüfen müssen.

Die Entscheidung ist daher aus Sicht der Markeninhaber zu begrüßen, verlangt es von ihnen nicht die Eingrenzung weit gefasster Begriffe. Begriffe wie „Computersoftware“ oder „Telekommunikationsdienste“ sind grundsätzlich nicht zu beanstanden. Offen bleibt jedoch, ob diese Begriffe ggf. als nicht ausreichend „klar und präzise“ anzusehen sind.

Eine bösgläubige Anmeldung kann dann vorliegen, wenn „schlüssige und übereinstimmende objektive Indizien“ für die fehlende Benutzungsabsicht vorliegen. Dabei handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, wobei der abweichende Geschäftsbereich des Anmelders zum Zeitpunkt der Anmeldung allenfalls ein Anhaltspunkt sein mag. Vielmehr wird man wohl darauf abstellen müssen, ob der Anmelder positiv wusste, dass er die Marke für diese Waren und Dienstleistungen (wahrscheinlich) nicht nutzen werde. Der Nachweis dürfte sich allerdings als schwierig darstellen und sich oftmals erst nach Ablauf der Benutzungsschonfrist zeigen, wobei die Marke dann regelmäßig auch wegen Verfalls angegriffen werden kann.

Schließlich ist die Reichweite der Nichtig- bzw. Ungültigkeit begrenzt, soweit sich die Bösgläubigkeit nur auf einzelne Waren und Dienstleistungen bezieht. In diesem Fall besteht für den Markeninhaber kein Risiko des vollständigen Rechtsverlusts.