Mehr Rechtssicherheit für Influencer Marketing? Bundesministerium der Justiz macht Vorschläge

Von Dr. Nico Brunotte und Lennart Elsaß

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) will für mehr Rechtssicherheit im Influencer Marketingsorgen. Nach einem in der letzten Woche veröffentlichten Regelungsvorschlag sollen Beiträge in sozialen Medien, die vorrangig der Information und Meinungsbildung dienen, von einer Kennzeichnungspflicht als Werbung ausgenommen werden. Es bleiben jedoch Fragen und es bleibt unklar, ob Influencer Marketing – vor allem bei Instragram – damit rechtssicherer auszugestalten ist.

The Federal Ministry of Justice and Consumer Protection wants to create more legal certainty for influencers regarding the obligation to label advertising in social media. According to a regulation proposal published last week, posts that primarily serve the purpose of information and contribute to the formation of public opinion should be exempt from the labeling requirement. However, some issues remain unresolved.

Influencer Marketing – wie ist die derzeitige Rechtslage?

Der § 5a Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt das Folgende:

Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Vereinfach gesagt, geht es also darum, zu bewerten, ob Werbung – auch von Influencern und beim Instragram Marketing – gekennzeichnet werden muss.

Bei der Frage nach dem Bestehen einer Kennzeichnungspflicht ist zunächst immer zu bestimmten, ob ein Post eines Influencers überhaupt werblichen Charakter hat. Nur wenn das zwar zu bejahen ist, der kommerzielle Zweck für die angesprochenen Verkehrskreise aber nicht auf den ersten Blick erkennbar wird, muss eine Kennzeichnung erfolgen. Unzweifelhaft als Werbung einzuordnen sind dabei Posts, in denen Produkte genannt, gezeigt oder die Hersteller verlinkt werden, nur weil das Unternehmen dem Influencer hierfür ein Entgelt versprochen hat. Schwierigkeiten bereitete bisher aber die Abgrenzung in Fällen, in denen Influencer ihren Followern Produkte präsentieren oder empfehlen, die sie selbst käuflich erworben haben, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten.

Einige Gerichte stellten bei der Begründung des werblichen Charakters schlicht darauf ab, dass eine solche Erwähnung geeignet sei, den Absatz der Produkte positiv beeinflussen und jedenfalls auch das Unternehmen des Influencers gefördert werde, da er als Werbepartner interessanter werde. Das Kammergericht in Berlin qualifizierte dagegen die Präsentation eines Outfits samt Verlinkung der Hersteller als redaktionellen Beitrag, welcher in erster Linie der Information und Meinungsbildung diene (Urteil vom 08.01.2019, Az.: 5 U 83/18; siehe hierzu auch unseren Beitrag im Blog).

In jüngster Zeit haben Landesmedienanstalten nach unserer Erfahrung hier auch kleinste Influencer um Stellungnahme zu einzelnen Postings gebeten, die nach Ansicht der Medienanstalten Werbung darstellen sollen.

Infolge der Rechtsunsicherheit sind nicht wenige Influencer inzwischen dazu übergegangen, zur Sicherheit sämtliche Posts als Werbung zu kennzeichnen, um das Risiko einer Abmahnung oder einer Unterlassungsklage zu vermeiden.

Ob dies zu mehr Klarheit führt, ist sicher fraglich.

Der Regelungsvorschlag des Ministeriums

Auch in der Begründung des Regelungsvorschlags des Ministeriums wird das Problem der Überkennzeichnung adressiert und konstatiert, dass Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr verlässlich erkennen könnten, welche Äußerungen tatsächlich gezielt den Absatz von Produkten fördern sollen. Um für Klarheit zu sorgen, will das BMJV den § 5a Abs. 6 UWG deshalb um folgenden Satz ergänzen:

„Ein kommerzieller Zweck einer geschäftlichen Handlung ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn diese vorrangig der Information und Meinungsbildung dient und für diese kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt wurde.“

Ob eine Äußerung vorrangig der Informations- und Meinungsbildung dient, soll nach der Begründung des Vorschlags anhand objektiver Faktoren bestimmt werden. Da sie nur „vorrangig“ der Informations- und Meinungsbildung dienen müsse, sei die Ausnahme auch anwendbar, wenn weitere Zwecke verfolgt würden – etwa ein Influencer mit der Äußerung ebenfalls die Absicht verfolge, sein Profil zu schärfen. Den Nachweis dafür, dass keine Gegenleistung gewährt wurde, obliege dem Influencer, der beispielsweise eine Bestätigung des Unternehmens vorlegen könne. Die Gestaltung als Regelbeispiel ermögliche schließlich eine abweichende Beurteilung bei Vorliegen besonderer Umstände.

Unsicherheiten werden bleiben – ist das Ministerium auf dem richtigen Weg?

Es ist zwar zu begrüßen, dass das Ministerium durch die Ergänzung der gesetzlichen Vorgaben die durch die vielfältigen und sich teils widersprechenden Gerichtsentscheidungen entstandene Rechtsunsicherheit zu beseitigen versucht. Auch, indem des dabei die Bedeutung der Kommunikationsfreiheiten betont.

Da auch die nun vorgeschlagene Ergänzung einige unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, würde aber in jedem Fall eine Restunsicherheit bleiben.

So wird die Frage, ob ein Beitrag einen ausreichenden Beitrag zur Meinungsbildung enthält oder doch die kommerziellen Interessen überwiegen, nur im Einzelfall nach einer Betrachtung des konkreten Posts entschieden werden können. Auch ist unklar, wann „besondere Umstände“ anzunehmen sind, die trotz Erfüllung der Voraussetzungen des Regelbeispiels eine abweichende Beurteilung rechtfertigen. Die Rechtsprechung hierzu wird sich erst noch entwickeln müssen.

Kommt ein neues “Influencer Gesetz”?

Es handelt sich bisher lediglich um einen Vorschlag für eine Regelung, noch keinen Gesetzentwurf. Insbesondere Verbände, Unternehmen und auch Influencer haben jetzt bis zum 13. März 2020 Zeit, in einer Stellungnahme ihre Einschätzung zum Vorhaben abzugeben. Da eine Klarstellung, wie sie aktuell geplant ist, nicht in der europäischen Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vorgesehen ist, soll das weitere Vorgehen auch eng mit der Europäischen Kommission abgestimmt werden.

Es bleibt also abzuwarten, ob und in welcher Form es die geplante Ergänzung tatsächlich ins Gesetz schaffen wird.

Seminar von DLA Piper und den Online Marketing Rockstars

Bis dahin gilt beim Influencer Marketing Vorsicht. Unser Rechtsanwalt Dr. Nico Brunotte wird erneut über unsere Learnings und Empfehlungen beim nächsten Deep Dive “INSTAGRAM MARKETING | SEMINAR | Praxiswissen für Online-Professionals” mit den Online Marketing Rockstars am 15. September 2020 in Hamburg berichten. Weitere Infos und Anmeldungen zu diesem Seminar hier.