BGH konkretisiert Informationspflichten nach dem VSBG

Von Dr. Stephanie Reuvers, LL.M. (Cape Town)

Nach einem aktuellem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 21.08.2019 (Az: VIII ZR 265/18) genügt die Mitteilung eines Unternehmers “im Einzelfall” seine Bereitschaft zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle zu erklären nicht den Vorgaben des § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG.

According to a recent judgement of the Federal Court of Justice the information of an entrepreneur to indicate its willingness regarding the participation in a dispute resolution procedure on a case-by-case basis does not meet the requirements of Section 36 (1) no. 1 of the Act on Alternative Dispute Resolution in Consumer Matters.

Hintergrund

Nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen (VSBG) ist ein Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, verpflichtet, Verbraucher leicht zugänglich sowie in klarer und verständlicher Weise davon in Kenntnis zu setzen, inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an einem Streitbeteiligungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall gab die Beklagte auf ihrer Webseite innerhalb ihres Impressums sowie ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen den folgenden Hinweis:

Es wird darauf hingewiesen, dass der Anbieter nicht verpflichtet ist, an einem Streitbeteiligungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Die Bereitschaft dazu kann jedoch im Einzelfall erklärt werden.”

Entscheidung des BGH

Der BGH sah in dem vorstehenden Hinweis einen Verstoß gegen § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG, da dieser nicht wie von der Vorschrift gefordert hinreichend klar und verständlich sei. Nach Ansicht des BGH kommt dem in § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG verankerten Klarheits- und Verständlichkeitsgebot die Bedeutung zu, den Verbraucher als potentiellen künftigen Vertragspartner hinreichend über den Umgang des Unternehmers mit eventuellen Streitigkeiten zu informieren, so dass diese Information in die Entscheidung zum Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit dem Unternehmer einfließen kann. Zur Erfüllung dieser Zielsetzung müsse der Unternehmer nicht nur über seine Teilnahmeverpflichtung, sondern auch über seine bestehende oder fehlende Teilnahmebereitschaft informieren. Sofern die Teilnahmeverpflichtung oder -bereitschaft nur in bestimmten Fällen gegeben sei, müsse zudem eine Information darüber erfolgen, in welchem Umfang (“inwieweit”) der Unternehmer verpflichtet oder bereit sei, sich auf ein Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle einzulassen. Die Reichweite der Mitwirkungsbereitschaft oder -verpflichtung müsse dem Verbraucher so deutlich vor Augen geführt werden, dass der Verbraucher zuverlässig beurteilen könne, auf welche Fallgestaltungen sich die Bereitschaft erstreckt.

Diese Anforderungen sind nach Auffassung des BGH nicht erfüllt, wenn der Unternehmer sich vorbehalte, ob er im Einzelfall freiwillig an einem Streitbeteiligungsverfahren teilnehme oder nicht. Im Interesse des Verbraucherschutzes verlange § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG, dass der Unternehmer bereits im Vorfeld von Geschäftsabschlüssen eine (für die Zukunft revidierbare) Entscheidung über seine Teilnahmebereitschaft und deren Reichweite treffe und diese in klarer und verständlicher Form gegenüber dem Verbraucher kommuniziere.

Praxisempfehlung

Die Missachtung der nach dem VSBG sowie der “Online Dispute Resolution”-Verordnung bestehenden Informationspflichten zur Streitbeilegung wird in der Praxis regelmäßig von Verbraucherschutzverbänden und Wettbewerbern abgemahnt. Unternehmer sollten daher sicherstellen, dass ihre Onlinepräsenz sowie ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen den zwingenden Vorgaben entsprechen.