Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs

Den letztjährigen Referentenentwurf (siehe dazu unseren Blog-Beitrag) des BMJV eines “Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs‟ hat die Bundesregierung jetzt in etwas abgeänderter Form auf den Weg gebracht. Der Entwurf beinhaltet hauptsächlich Gesetzesänderungen für das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die wichtigsten: Der fliegende Gerichtsstand soll ebenso überarbeitet werden wie die Aktivlegitimation, auch die Anforderungen an Abmahnungen werden verschärft werden wie Regelungen betreffend Datenschutzverstößen ergänzt.

Der sowohl gravierendste als auch fragwürdigste Änderungsvorschlag betrifft die faktische Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes. Dieser soll nämlich auf Fälle begrenzt werden, in denen der Beklagte im Inland keinen Gerichtsstand hat oder sich die geschäftliche Handlung bloß an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wendet. In allen weiteren Fällen besteht ein ausschließlicher Gerichtsstand am Sitz des beklagten Unternehmens. Dies wird zwar zur Stärkung des Kräftegleichgewichts zwischen den Parteien beitragen. Denn einerseits kann sich der Kläger nicht mehr ein Gericht aussuchen, das in seinem Sinn sowie nach seinem Streitwert entscheidet und / oder in seiner Nähe liegt. Andererseits wird der Beklagte nicht mehr durch weite Anreisen in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt. Zerstört wird aber ein faktisches Gerichtssystem, von dessen Qualität alle profitiert haben. Hier sollte noch einmal nachgedacht werden.

Darüber hinaus werden strengere Anforderungen an die Aktivlegitimation aufgestellt. Diese betreffen insbesondere Mitbewerber und Wirtschaftsverbände. In Bezug auf letztere gibt es ebenso entsprechende Änderungsvorschläge für das Unterlassungsklagegesetz (UKlaG). Während Mitbewerber nur noch dann aktivlegitimiert sein sollen, wenn sie in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren und Dienstleistungen wie der Abgemahnte vertreiben oder nachfragen, müssen Wirtschaftsverbände in eine Liste von sogenannten qualifizierten Wirtschaftsverbänden eingetragen sein, wofür sie gewisse gesetzliche Voraussetzungen erfüllen müssen, die auch nachgehalten werden. Dadurch kann effektiv verhindert werden, dass Unternehmen ihre Stellung nur zum Zwecke der Abmahnung einnehmen und Wirtschaftsverbände ihre Anspruchsberechtigung missbrauchen bzw. lediglich zu diesem Zweck gegründet werden, was derzeit insbesondere kleine und mittlere Unternehmen belastet.

Ferner enthält der Entwurf explizite Regelungen für das Vorliegen von „missbräuchlichen Abmahnungen“, die teilweise im UKlaG übernommen werden. Es werden Regelbeispiele aufgeführt, bei deren Vorliegen von einer „missbräuchlichen Abmahnung“ auszugehen ist. Dies führt zu einer Beweislastumkehr, sodass dann der Abmahner die Rechtmäßigkeit seiner Abmahnung nachweisen muss. Gelingt ihm dies nicht, hat er keinen Unterlassungsanspruch und sieht sich zudem einem Aufwendungsersatzanspruch in Bezug auf die Kosten der Rechtsverteidigung seitens des Abgemahnten ausgesetzt. Diese führt zu einer enormen Eindämmung von missbräuchlichen Abmahnungen: Einerseits wird der Abmahner aufgrund der drohenden Aufwendungsersatzansprüche die Rechtmäßigkeit seiner Abmahnungen genauer prüfen. Andererseits wird die Beweislastumkehr dem Abgemahnten den Nachweis einer rechtswidrigen Abmahnung erheblich erleichtern, was derzeit in der Praxis oft nicht unproblematisch ist.

Weiter werden formelle Anforderungen, im Sinne von Informationspflichten, an Abmahnungen statuiert. Auch deren Fehlen kann zu einem Aufwendungsersatzanspruch des Abgemahnten führen. Dies verschafft dem Abgemahnten Klarheit, wer genau gegen ihn vorgeht, was ihm vorgeworfen wird und welche Ansprüche geltend gemacht werden. Daneben muss der Abmahnende sich und seine Ansprüche genau authentifizieren bzw. nachweisen, um einem möglichen Aufwendungsersatzanspruch des Abgemahnten zu entgehen.

Schließlich sollen abmahnende Mitbewerber keinen Aufwendungsersatz für Abmahnung erhalten, die sich auf DSGVO- und das Bundesdatenschutzgesetzverstöße durch Kleinstunternehmen sowie kleine Unternehmen und vergleichbare Vereine beziehen. Diese Regelung erscheint noch etwas unglücklich, da es momentan noch ungeklärt ist und aller Wahrscheinlichkeit einer Vorlage an den EuGH bedarf, inwieweit Datenschutzverstöße überhaupt lauterkeitsrechtlich zu ahnden sind. Zudem werden lediglich Verstöße durch Kleinstunternehmen sowie kleine Unternehmen und vergleichbare Vereine erfasst, sodass Datenschutzabmahnungen grundsätzlich möglich und Aufwendungsersatzfähig sind.

Die geplanten Gesetzesänderungen sollen hauptsächlich dazu dienen, Abmahnungen allein zur Generierung von Gebühren und Vertragsstrafen zu verhindern. Denn die Praxis zeigt, dass immer noch viele Abmahnungen mit dem vordergründigen Ziel der Geldmehrung erfolgen. Auch wenn – neben ein Paar Detailschärfungen – die Regelungen bezüglich der Datenschutzverstöße europarechtlich dringend nochmal zu überdenken sind, ist der Entwurf insoweit zu begrüßen. Die weitestgehend Abschaffung des “fliegenden Gerichtsstandes” dagegen ist unnötig und würde eine funktionierendes Gerichtssystem zerstören.