Gesetzesvorhaben zur Verhinderung von missbräuchlichen Abmahnungen

Von Prof. Dr. Stefan Engels und Thomas Fuhrmann, LL.M. (University of Cape Town)

Zwei aktuelle Gesetzesvorhaben können einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, rein gebühren-orientierte Abmahnwellen zu minimieren, was insbesondere in Bezug auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) begrüßenswert ist. Zudem werden die Rechte der Abgemahnten gestärkt, sodass diese künftig einfacher gegen missbräuchliche Abmahnungen vorgehen können.

Two current legislative proposals can make a significant contribution to minimizing the number of pure fee-based written warnings, which is particularly welcome with regard to the GDPR. In addition, the rights of the warned parties will be strengthened, so that henceforward it will be easier for them to take action against abusive warnings.

  1. Der Referentenentwurf des Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) zum „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs‟

Am 11. September 2018 veröffentlichte das BMJV einen Referentenentwurf zum „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs‟. Der Referentenentwurf sieht Gesetzesänderungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor, insbesondere soll missbräuchlichen Abmahnungen im Bereich des Wettbewerbsrechts Einhalt geboten werden.

Die erste wesentliche Änderung betrifft § 8 Abs. 3 UWG. Demnach sollen Mitbewerber nur noch anspruchsberechtigt sein, wenn sie in nicht unerheblichem Maße ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen. Überdies müssen rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen für ihre Anspruchsberechtigung in eine Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände sowie in das Vereinsregister eingetragen sein. Dadurch kann effektiv verhindert werden, dass eine Mitbewerberstellung nur zum Zwecke der Abmahnung eingenommen wird oder Wirtschaftsverbände ihre Anspruchsberechtigung missbrauchen bzw. lediglich zu diesem Zwecke gegründet werden, was insbesondere kleine und mittlere Unternehmen belastet hat.

Eine weitere signifikante Änderung ist die Einführung des neuen § 8b UWG. In dessen Absatz 2 soll eine widerlegliche gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen statuiert werden. Durch die Beweislastumkehr in bestimmten Fällen, wie dem Geltendmachen einer erheblichen Anzahl von gleichen Rechtsverstößen, einem zu hohen Streitwert, einer zu hohen Vertragsstrafe oder einer zu weiten Unterlassungsverpflichtungserklärung, wird es dem Abgemahnten erleichtert, einen möglichen Missbrauch Geltend zu machen, da es nicht mehr an ihm liegt, die Rechtmäßigkeit der Abmahnung nachzuweisen, was zuvor in der Praxis oft problematisch war.

Ferner ergibt sich eine essentielle Änderung durch die Neufassung des § 13 Abs. 2 UWG, der künftig die inhaltlichen Vorgaben für eine Abmahnung regeln soll. Diese Neuregelung verschafft zum einen dem Abgemahnten Klarheit, wer genau gegen ihn vorgeht, was ihm vorgeworfen wird und welche Ansprüche geltend gemacht werden. Zum anderen kann sie, aufgrund des detaillierten Aufschlüsselungsverlangens, auch dazu beitragen die Fälle missbräuchlicher Abmahnungen einzudämmen, da der Abmahnende dadurch sich und seine Ansprüche genau authentifizieren bzw. nachweisen muss.

Zur Verhinderung bzw. Verringerung von missbräuchlichen Abmahnungen wird zudem die geplante Regelung zum Ausschluss des Aufwendungsersatzes für Mitbewerber und qualifizierte Wirtschaftsverbände bei unerheblichen Wettbewerbsverstößen beitragen, § 13 Abs. 4 UWG. Durch diese Neuregelung wird Mitbewerbern und qualifizierten Wirtschaftsverbänden ein wesentlicher Anreiz entzogen, auch marginale Wettbewerbsverstöße, die keine besonderen Auswirkungen auf die Rechtspositionen der Verbraucher haben und bezüglich derer der Abgemahnte bereits aufgrund einer gleichartigen Zuwiderhandlung zur Unterlassung verpflichtet ist, aus finanziellen Gründen abzumahnen.

In ähnlicher Weise wird auch der vorgeschlagene Gegenanspruch des Abgemahnten gegen den Abmahnenden nach § 13 Abs. 5 UWG zur Minimierung der finanziellen Anreize des Abmahnenden führen und dafür sorgen, dass der Abmahnende bereits präventiv die Rechtmäßigkeit seiner Abmahnung sorgfältig prüfen wird.

  1. Der Gesetzesantrag des Freistaates Bayern zum „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung zivilrechtlicher Vorschriften an die Datenschutz-Grundverordnung‟

Der Gesetzesantrag des Freistaates Bayern zum „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung zivilrechtlicher Vorschriften an die Datenschutz-Grundverordnung‟ (BT-Drs. 304/18), durch den das Datenschutzrecht ausdrücklich und generell aus dem Anwendungsbereich des UWG herausgenommen wird, ist in diesem Zusammenhang zu sehen und im Referentenentwurf zu ergänzen. Denn: Der bayerische Vorschlag wird erheblich zur Rechtssicherheit in Bezug auf DSGVO-Abmahnungen beitragen und die Geltendmachung von missbräuchlichen Abmahnungen gegenüber Unternehmern zu eigenen Geschäftszwecken weitestgehend verhindern.

Durch die Gesetzesänderung in § 3a UWG soll ausdrücklich klargestellt werden, dass die Regelungen der DSGVO keine Marktverhaltensregeln im Sinne der Vorschrift sind, sodass sie dem Anwendungsbereich des UWG entzogen sind. Dies dient zum einen dazu, die Rechtsunsicherheiten darüber, ob die Regelungen der DSGVO Marktverhaltensregeln darstellen oder nicht, zu beseitigen. Zum anderen wird durch diese Regelung nochmals ausdrücklich klargestellt, dass insbesondere Mitbewerbern solche Ansprüche nach dem UWG nicht zustehen.

Zur Verringerung von (missbräuchlichen) Abmahnwellen trägt schließlich auch die geplante Änderung in § 2 Abs. 2 Unterlassungsklagengesetz (UklaG) bei, wonach einzig fehlerhafte Datenschutzerklärungen keinen Anspruch nach dem UklaG begründen sollen.