Rein provisionsabhängige Preisvergleichsportale müssen diesen Umstand offenlegen

Von Prof. Dr. Stefan Engels und Thomas Fuhrmann, LL.M. (University of Cape Town)

In jüngerer Zeit haben sowohl der Bundesgerichtshof (BGH – Urt. v. 27. April 2017 – I ZR 55/16) als auch das OLG Hamburg (OLG – Urt. v. 09. Februar 2017 – 3 U 208/15) sowie das LG Berlin (LG – Urt. v. 09. November 2017 – 52 O 15/17) die Frage bejaht, ob eine Hinweispflicht für Internetvergleichsportale besteht, die nur solche Anbieter in ihren Vergleichen berücksichtigen, von denen sie eine Provision erhalten.

More recently, the Federal Court of Justice and the Higher Regional Court of Hamburg as well as the Regional Court of Berlin answered in the affirmative to the question whether there is a duty for Internet-comparison-portals to inform that they include those providers from whom they receive a commission.

Allen drei Entscheidungen lagen Internetvergleichsportale zugrunde, die in ihren Vergleich nur solche Anbieter miteinbezogen haben, die sich gegenüber dem Anbieter des Vergleichsportals für den Fall eines Vertragsabschlusses zur Zahlung einer Provision verpflichtet haben. Die Vergleichsportale wiesen auf diesen Umstand nicht hin, im Hamburger Fall berühmte der Anbieter sich sogar der Objektivität, so dass die Gerichte zu prüfen hatten, ob hierin ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG bzw. § 5a Abs. 2 UWG zu sehen ist.

Gesetzliche Grundlage

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, wobei eine geschäftliche Handlung irreführend ist, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält, die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen.

Nach § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Hamburg: Objektivität geht anders

Den Anfang machte das OLG. Dem Fall lag die Besonderheit zugrunde, dass das Vergleichsportal seinen Vergleich als objektive Preisvergleiche bezeichnete. Gerade diese Anpreisung stufte das Gericht als unlauter im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG ein. Das OLG begründete dies damit, dass der durchschnittliche Verbraucher unter einem Vergleichsrechner, welcher objektive Preisvergleiche ermöglicht, einen solchen verstehe, der ihm unparteiisch und unbeeinflusst Angebote aufzeigt, und nicht ausschließlich Tarife präsentiert von Kooperationsunternehmen, die an den Anbieter des Vergleichsportals Provisionen zahlen, ohne dass es darauf ankomme, ob die Auflistung der Tarife der Kooperationsunternehmen neutral und unbeeinflusst erfolgt. Der Verbraucher gehe jedenfalls davon aus, dass ihm entweder alle aufrufbaren Angebote präsentiert werden oder aber jedenfalls, dass die ihm angezeigten Tarife von einem neutralen Standpunkt aus selektiert wurden, also eine Vorauswahl nach rein tarifbezogenen Kriterien stattfand. Der Verbraucher rechne hingegen nicht damit, dass ihm nur Angebote solcher Anbieter präsentiert werden, die mit dem Vergleichsportal in vertraglichen Beziehungen stehen. Hieran ändere sich auch nichts, wenn das Vergleichsportal bereits im Vorfeld die günstigsten Anbieter selektiert, diese dann anspricht und implementiert, da der Verbraucher diese, für ihn in keiner Weise nachvollziehbare, Auswahl nicht erkenne. Daher komme es auch nicht darauf an, ob das preisgünstigste Angebot tatsächlich in den Vergleich miteinbezogen werde, da für den Verbraucher neben dem Preis noch andere Kriterien eine Rolle spielen können. Auch eine an anderer Stelle aufgeführte Liste der am Vergleich teilnehmenden und nichtteilnehmenden Unternehmen könne die Irreführung nicht ausgleichen, wenn diese, wie im konkreten Fall, mit dem Vergleich selbst in keiner Weise verknüpft ist und sich aus ihr auch nicht entnehmen lässt, dass die teilnehmenden Anbieter mit dem Vergleichsportal vertraglich verbunden sind.

Karlsruhe und Berlin: Schweigen ist nicht immer Gold

Etwas andere Sachverhalte lagen den Entscheidungen des BGH und des LG zugrunde. Beide Gerichte beurteilten die jeweiligen Preisvergleiche als unlauter nach § 5a Abs. 2 UWG, da bereits allein durch das Unterlassen des Hinweises auf die Provisionspflicht eine wesentliche Information verschwiegen wurde.

Laut BGH gehe der Verbraucher davon aus, dass eine möglichst große Zahl von Unternehmen in den Vergleich miteinbezogen werde und die Auswahl der Anbieter auch unabhängig von einem Vertragsschluss erfolge. Hierbei verweist der BGH insbesondere auf eine ältere Entscheidung des OLG Hamburg (Urt. v. 11. Juni 2008 – 5 U 95/07). In dieser Entscheidung ging es zwar auch um ein Vergleichsportal, das sich als unabhängiger Versicherungsvergleich bezeichnete, obwohl es nur Anbieter listete, von denen es Provisionen erhielt. Der BGH ist jedoch der Ansicht, dass der Verbraucher auch dann von einer vertraglichen Unabhängigkeit ausgehe, wenn sich das Vergleichsportal nicht ausdrücklich als unabhängig oder neutral bezeichnet. Eine Information über die Provisionszahlungen sei für den Verbraucher von erheblichem Interesse, da das Vergleichsportal dadurch ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolge und die Möglichkeit bestehe, dass die Provisionspflicht die aufgeführten Angebotspreise beeinflussen könne. Dem stehe auch kein schutzwürdiges Interesse des Vergleichsportals entgegen, da diese Information mit einem überschaubaren zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand bereitgestellt werden könne und auch kein Geheimhaltungsinteresse ersichtlich sei. Der Verbraucher benötige diese Information, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, da er nur dann die Aussagekraft des Preisvergleichs angemessen beurteilen könne. Dies führe dazu, dass der Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung veranlasst werden kann, die er andernfalls nicht getroffen hätte, da die unterlassene Information zu einer Inanspruchnahme der Dienstleistung aufgrund falscher Vorstellungen über die Aussagekraft des Vergleichsportals führen kann.

Ähnlich entschied auch das LG mit Verweis auf obige BGH Entscheidung. Der Verbraucher erwarte in gewisser Weise objektive Informationen darüber, dass Provisionsvereinbarungen vorliegen, da es zum einen auf der Hand liege, dass die Provisionszahlungen Einfluss auf Inhalt und ggf. Neutralität der Bewertung haben können und es zu anderen für den Verbraucher, der einen vollständigen Marktüberblick erwarte, wesentlich sei, dass selbst die zahlreichen Anbieter aus der näheren Umgebung keinesfalls alle Anbieter seien, sondern nur solche, die eine Provisionsvereinbarung mit dem Vergleichsportal haben. Auch das LG sieht keine entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen der Protalbetreiber, da die Information kein Geschäftsgeheimnis und ihre Offenbarung zumutbar sei. Schließlich erkenne der Verbraucher die Provisionszahlungen auch nicht dadurch, dass die Seite aufwendig gestaltet ist und keine Werbeeinblendungen enthält, da der Verbraucher sich grundsätzlich keine Gedanken darüber mache, wie sich ein Vergleichsportal finanziert.

Weiterführende Links zu den Entscheidungen:

Bundesgerichtshof, Urt. v. 27. April 2017 – I ZR 55/16: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=79908&pos=0&anz=1

OLG Hamburg, Urt. v. 09. Februar 2017 – 3 U 208/15: http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bsharprod.psml?showdoccase=1&doc.id=KORE248832017&st=ent

LG Berlin, Urt. v. 09. November 2017 – 52 O 15/17: https://www.juris.de/perma?d=KORE502322018

OLG Hamburg, Urt. v. 11. Juni 2008 – 5 U 95/07: https://openjur.de/u/30668.html