Die Haftung wegen patentverletzenden „Anbietens“ i.S.v. § 9 Nr. 1 PatG für die Vorbereitung einer Vertriebstätigkeit im patentfreien Ausland

Von Dr. Markus Gampp, LL.M. (San Diego) und Katharina Ernicke

Bei der Entscheidung, ob ein „Anbieten“ i.S.v. § 9 Nr. 1 PatG vorliegt, war nach bisheriger Rechtsprechung ausschlaggebend, ob das potentielle Angebotsverhalten nach seinem objektiven Erklärungswert und den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls von den angesprochenen Verkehrskreisen so zu verstehen ist, dass den Adressaten die tatsächliche Verfügungsgewalt über ein erfindungsgemäßes Erzeugnis in Aussicht gestellt wird (BGH – Kopplung optischer Geräte). Bisher forderte die Rechtsprechung dafür, dass aus dem Verhalten des Verletzungsbeklagten und seiner tatsächlichen Umstände für den angesprochenen Verkehrskreis der konkret angebotene Verletzungsgegenstand zweifelsfrei individualisierbar ist (BGH – Radschützer). Der notwendige Bezug zu einem konkreten Verletzungsgegenstand wurde bisher verneint, wenn sich das Angebot nicht auf bereits existierende und dem Verkehrskreis bekannte Produkte bezog, sondern auf erst in der Zukunft herzustellende und zunächst noch an die individuellen Kundenwünschen anzupassende Produkte, die nicht zwangsläufig erfindungsverwirklichend ausgestaltet sein müssen.

In einer neuen Entscheidung hat das OLG Düsseldorf (Entscheidung vom 6. April 2017, Aktz.: I-2 U 51/16 – Dampftrocknungsanlage) den Begriff des Anbietens i.S.v. § 9 Nr. 1 PatG derart ausgeweitet, dass für den erforderlichen Bezug des „Anbietens“ zu einem konkreten Verletzungsgegenstand nicht auf das potentiell angebotsbegründende Verhalten des Verletzungsbeklagten abzustellen sein soll, sondern darauf, ob durch dieses Verhalten die Nachfrage nach einem individualisierbaren Verletzungsgegenstand ausgelöst wird. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf ist auch eine lediglich im Ausland ausgelöste Nachfrage nach einem erfindungsverwirklichenden Gegenstand ausreichend für die Annahme eines patentverletzenden „Anbietens“ im Inland, wenn sich die Nachfrage noch im Rahmen eines ursprünglichen aus dem Inland abgegebenen Angebots hält. Mit dieser Entscheidung hat das OLG den materiellen Schutzbereich des § 9 Nr. 1 PatG spürbar ausgeweitet und bezieht nun auch bisher dem inländischen Patentschutz entzogene Auslandshandlungen in die Betrachtung ein.

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Liability for “offering” a patent infringing object by undertaking domestic preparatory acts for later distribution in patent-free countries

In deciding what constitutes an “offering” as defined by Section 9 (1) German Patent Act, the previous case law looked to whether the potential offer behavior, according to its objective declarative value and the actual circumstances of the individual case, is understood by the targeted public such that the addressees are given the prospect of actual power of disposal over a device according to the invention (German Federal Supreme Court [BGH] – Kopplung optischer Geräte). In the past, the case law for this required that for the targeted public the specifically offered infringement object can be unambiguously identified from the behavior of the defendant and its actual circumstances (BGH – Radschützer). The necessary connection to a concrete infringement object was previously denied if the offer related not to products already existing and known to the targeted customers, but to products only to be manufactured in the future and initially still to be adapted to the individual customer specifications, which need not necessarily be designed as realizing the invention.

In a recent decision, the Higher Regional Court [OLG] of Düsseldorf (decision of 6 April 2017, case no.: I-2 U 51/16 – Dampftrocknungsanlage) broadened the concept of offering as defined by Section 9 (1) Patent Act to mean that for the necessary connection of the “offering” to a concrete infringement object the reference should not be to the potentially offer-establishing behavior of the defendant, but whether this behavior triggers the demand for an identifiable infringement object. The OLG Düsseldorf believes a demand for an object realizing the invention only triggered abroad is also sufficient for the assumption of an infringing “offering” domestically if the demand is still within the context of an offer originally made from within the country. With this decision the OLG noticeably broadened the substantive scope of protection of Section 9 (1) Patent Act, and now also includes in the consideration actions abroad previously excluded from the domestic patent protection.

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