Netzwerkdurchsetzungsgesetz in a nutshell

Von Prof. Dr. Stefan Engels und Thomas Fuhrmann, LL.M. (University of Cape Town)

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1. Allgemein

Seit dem 1. Oktober 2017 regelt das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG) die Bekämpfung von „Fake-News“ und „Hasskriminalität“ in sozialen Netzwerken. Die Wichtigkeit dieser Zielsetzung, aber auch die öffentliche Kritik daran ist Grund genug, einen objektiven Einblick in das Gesetz vorzunehmen. Dieser Beitrag versteht sich auch als Update zu unserem früheren Beitrag über das NetzDG.

2. Wen betrifft es?

Gem. § 1 Abs. 1 S. 1 NetzDG betrifft das Gesetz sog. soziale Netzwerke. Diese werden definiert als Telemediendiensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht Plattformen im Internet betreiben, welche dazu bestimmt sind, dass Nutzer beliebige Inhalte mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen. Keine sozialen Netzwerke im Sinne des NetzDG sind gem. § 1 Abs. 1 S. 2 und 3 NetzDG hingegen Plattformen mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, die vom Diensteanbieter selbst verantwortet werden; das Gleiche gilt für Plattformen, die zur Individualkommunikation oder zur Verbreitung spezifischer Inhalte bestimmt sind. Diese Regelung soll insbesondere berufliche Netzwerke, Fachportale, Onlinespiele, Verkaufsplattformen und Messengerdienste vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausnehmen.

Ferner bestehen für „kleinere“ soziale Netzwerke mit weniger als zwei Millionen registrierten Nutzern bestimmte Erleichterungen, sodass diese z. B. von der Berichtspflicht in § 2 NetzDG und den Vorgaben nach § 3 NetzDG befreit sind.

Zusätzlich ist zu erwähnen, dass Anbieter sozialer Netzwerke, die die Voraussetzungen des § 1 NetzDG erfüllen, die Verfahren für den Umgang mit Beschwerden nach § 3 NetzDG erst drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes (1. Januar 2018) einführen mussten, § 6 Abs. 2 S. 1 NetzDG. Wurden oder werden die Voraussetzungen des § 1 NetzDG erst zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt, so besteht ab diesem Zeitpunkt eine Frist von drei Monaten für die Einführung dieser Verfahren, § 6 Abs. 2 S. 2 NetzDG.

3. Was betrifft es?

Das NetzDG soll dafür Sorge tragen, dass bestimmte rechtswidrige Inhalte auf Beschwerden hin entfernt bzw. gesperrt werden. § 1 Abs. 3 NetzDG definiert rechtswidrige Inhalte als solche, die den Tatbestand solcher Normen des Strafgesetzbuches erfüllen, die im Wesentlichen den Schutzbereich des demokratischen Rechtsstaates, der öffentlichen Ordnung, der persönlichen Ehre und der sexuellen Selbstbestimmung tangieren, wie z. B. Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gem. § 86a StGB, Gewaltdarstellung gem. § 131 StGB, Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften gem. § 184b StGB oder Beleidigung gem. § 185 StGB. Zu beachten ist hierbei, dass es nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs 18/13013, 21; BT-Drs. 18/12356) im Rahmen des Verstoßes gegen eine der oben aufgeführten strafrechtlichen Normen nicht auf die Frage der Schuld ankommt.

4. Was muss getan werden?

Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 NetzDG muss ein Verfahren vorgehalten werden, dass der Anbieter der sozialen Netzwerke unverzüglich von der Beschwerde Kenntnis nimmt, also der befugte Wissensvertreter innerhalb des Bearbeitungsteams Kenntnis erlangt hat, und prüft, ob der in der Beschwerde gemeldete Inhalt rechtswidrig und zu entfernen oder zu sperren ist.

Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 NetzDG innerhalb von 24 Stunden entfernt werden, wobei mit den Strafverfolgungsbehörden individuell ein längerer Zeitraum für die Sperrung oder Löschung vereinbart werden kann. Ein offensichtlich rechtswidriger Inhalt soll vorliegen, wenn die Rechtswidrigkeit ohne vertiefte Prüfung, das heißt von geschultem Personal in der Regel sofort, mit zumutbarem Aufwand aber in jedem Fall binnen 24 Stunden erkannt werden kann.

Sonstige rechtswidrige Inhalte sollen gem. § 3 Abs. 2 Nr. 3 NetzDG unverzüglich, in der Regel innerhalb von sieben Tagen, entfernt oder gesperrt werden. Diese Frist kann überschritten werden, wenn die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des Inhalts von der Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung oder erkennbar von anderen tatsächlichen Umständen abhängt. Dabei kann dem Nutzer gem. § 3 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) NetzDG vor der Entscheidung über die Beschwerde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. § 3 Abs. 3 Nr. 3 lit. b) NetzDG ermöglicht es außerdem, dass das soziale Netzwerk die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Beschwerde einer anerkannten Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung überträgt und sich deren Entscheidung unterwirft.

Im Falle der Entfernung muss der Inhalt zu Beweiszwecken gesichert und zu diesem Zweck für die Dauer von zehn Wochen innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinien 2000/31/EG und 2010/13/EU gespeichert werden, § 3 Abs. 2 Nr. 4 NetzDG.

Weiterhin müssen bei jeder Entscheidung der Beschwerdeführer sowie der Nutzer unverzüglich informiert und die Entscheidung ihnen gegenüber begründet werden, § 3 Abs. 2 Nr. 5 NetzDG.

Ferner muss die Leitung des sozialen Netzwerks das eingerichtete Verfahren durch monatliche Kontrollen überwachen und den Bearbeitern von Beschwerden deutschsprachige Schulungs- und Betreuungsangebote machen, § 3 Abs. 4 NetzDG.

Weiterhin müssen Anbieter sozialer Netzwerke, die im Kalenderjahr mehr als 100 Beschwerden über rechtswidrige Inhalte erhalten, nach § 2 Abs. 1 NetzDG halbjährlich einen deutschsprachigen Bericht über den Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte auf ihren Plattformen erstellen und im Bundesanzeiger sowie auf der eigenen Homepage spätestens einen Monat nach Ende eines Halbjahres veröffentlichen. § 2 Abs. 2 NetzDG regelt, welche Aspekte der Bericht mindestens enthalten muss.

Schließlich müssen die Betreiber sozialer Netzwerke gem. § 5 NetzDG sowohl einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten als auch einen inländischen Empfangsbevollmächtigten benennen.

5. Wer muss wann zahlen?

Ordnungswidrigkeiten können gem. § 4 Abs. 2 NetzDG mit Bußgeldern von bis zu 5 Millionen EUR geahndet werden. Hierzu zählen gem. § 4 Abs. 1 NetzDG etwa die nicht, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Erstellung bzw. Veröffentlichung des Berichts gem. § 2 Abs. 1 NetzDG und Verstöße gegen die in § 3 Abs. 1 und 4 NetzDG vorgesehenen Verfahrenspflichten. Bußgelder von bis zu 500.000,- EUR können im Fall der Nichtbenennung von Empfangs- und Zustellungsbevollmächtigten nach § 5 NetzDG sowie bei Nichtreaktion eines Empfangsbevollmächtigen trotz Auskunftsersuchen verhängt werden, § 4 Abs. 2 NetzDG.