OLG Hamm: Widersprüchliche Firmenangaben in Widerrufsbelehrung und Muster-Widerrufsformular können eine Wettbewerbsverletzung darstellen

Von Dr. Nico Brunotte, LL.M. (Cambridge), und Philipp Eichenhofer

Das Oberlandesgericht Hamm (Urt. v. 30.11.2017 – Az.: I-4 U 88/17) hat entschieden, dass ein Onlinehändler die fernabsatzrechtlichen Informationspflichten nicht erfüllt und damit einen Wettbewerbsverstoß begeht, wenn es unterschiedliche Firmen in der Widerrufsbelehrung und dem Muster-Widerrufsformular angibt.

Higher Regional Court of Hamm: Conflicting company details in the notice of revocation and sample revocation form are a violation of competition law
The Higher Regional Court of Hamm has ruled that an online company does not comply with the information requirements in respect of distance contracts and therefore commits a breach of competition law if it specifies different companies in the notice of revocation and the sample revocation form.

In dem vom Gericht zu beurteilenden Fall ging es um die Frage, welche Anforderungen an die Klarheit einer Widerrufsbelehrung im Online-Handel zu stellen sind. Die Beklagte verkaufte Waren auf einer Shopping-Plattform. Dort versah sie ihre Produktangebote mit einer Widerrufsbelehrung, die unterschiedliche Angaben dazu enthielt, an wen der Verbraucher seinen Widerruf zu richten hatte. In der Belehrung zum Widerrufsrecht hieß es zunächst, dass der Widerruf an die Beklagte selbst zu richten ist. Gleichzeitig verwies die Beklagte aber auch auf ein Muster-Widerrufsformular – in diesem war eine andere Gesellschaft als Adressat der Widerrufserklärung angegeben.

Klare und verständliche Informationen in Widerrufsbelehrung notwendig
Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 1 EGBGB ist ein Unternehmer verpflichtet, Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren:

Diesen Anforderungen genügte die Widerrufsbelehrung des Unternehmens im vorliegenden Fall nach Auffassung der Richter jedoch nicht. Das Gericht entschied, dass die Angaben zum Widerrufsempfänger widersprüchlich sind. Denn es war weder klar noch verständlich, an wen sich der Verbraucher hierbei richten sollte. Die Beklagte behauptete im Verfahren, dass sie das im Muster-Widerrufsformular genannte Unternehmen für den Empfang der Widerrufserklärungen bevollmächtigt hatte. Das Gericht hielt diesen Einwand jedoch für irrelevant. Es stellte darauf ab, dass für den Verbraucher nicht klar zum Ausdruck kam, wem gegenüber er den Widerruf erklären konnte und ob er dies etwa auch gegenüber beiden genannten Unternehmen hätte machen können.

Für die Widerrufsbelehrung kann es nicht auf technische Gegebenheiten der Shopping-Plattform ankommen
Die Beklagte wandte ferner ein, dass es bei einem Kauf über die Shopping-Plattform für den Verbraucher gar nicht darauf ankommt, wer in der Widerrufsbelehrung oder im Muster-Widerrufsformular als Widerrufsempfänger genannt wird, da eine Rückabwicklung des Vertrages automatisch über das EDV-System des Anbieters der Shopping-Plattform erfolgen kann. Eine Verunsicherung des Verbrauchers, wer denn Empfänger des Widerrufs ist, wäre dann gar nicht gegeben, so die Beklagte. Dem hielt das Gericht entgegen: Selbst wenn der Anbieter der Shopping-Plattform hierdurch einen einfacheren und komplikationsloseren Weg der vertraglichen Rückabwicklung nach Widerruf ermöglichen sollte, würde dies das die Waren verkaufende Unternehmen nicht von der Pflicht entbinden, widerspruchsfrei über die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.

Verstoß spürbar, da Verbraucher von Widerruf abgehalten werden
Der Verstoß der Beklagten war nach Überzeugung des Gerichts auch spürbar im Sinne des § 3a UWG. Es bestand nach Ansicht des Gerichts die Gefahr, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Verbrauchern angesichts der widersprüchlichen Angaben in der Belehrung von der Ausübung des Widerrufs absehen. Entweder, weil diese Verbraucher durch die Widersprüchlichkeit der Angaben nachhaltig verwirrt werden, weil sie angesichts der widersprüchlichen Angaben befürchteten, die genannten Unternehmen wären nicht hinreichend professionell organisiert, um einen Widerruf korrekt bearbeiten zu können – oder weil sie davon ausgingen, dass der Widerruf gegenüber beiden Empfängern abgegeben werden muss, und den hiermit verbundenen Aufwand scheuten.

Das Gericht sprach daher der Klägerin im Ergebnis einen Unterlassungsanspruch gegen das Unternehmen zu.

Widerrufsbelehrungen zweifelsfrei ausformulieren
Die Entscheidung zeigt, dass Unternehmen bei dem Verweis auf ein separates Muster-Widerrufsformular in allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorsicht walten lassen sollten – es ist stets darauf zu achten, dass in Bedingungen und eingebundenen Formularen keine sich widersprechenden Reglungen oder Angaben festgelegt werden.