Widerrufsrecht gilt auch für virtuelle Spielwährungen

Virtuelle Spielwährungen unterliegen nach Auffassung des LG Karlsruhe als digitale Güter dem Widerrufsrecht. Das Widerrufsrecht erlischt nur, wenn der Verbraucher nach Vertragsschluss ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, und seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert. Die Zustimmung kann nicht bereits mit dem “Jetzt kaufen”-Button eingeholt werden (Urteil v. 25.05.2016 – Az.: 18 O 7/16).

English Summary

The right of withdrawal applies to the purchase of virtual gaming currencies.

The Regional Court of Karlsruhe held that virtual gaming currencies are digital content in the sense of the Directive on Consumer Rights. The consumer only loses his right of withdrawal if the performance has begun with the consumer’s prior express consent and his acknowledgement that he thereby loses his right. This consent must be given by the consumer in a separate statement after the contract had been concluded and therefore cannot be already declared by clicking the “buy now”-button.

Gerade bei kostenlos angebotenen Computer-Spielen werden dem Spieler Erweiterungen oder zusätzliche virtuelle Ausrüstungsgegenstände kostenpflichtig als In-Game-Käufe angeboten (sog. Free-to-play). Um diese Zusatzangebote freizuschalten, muss der Spieler häufig zunächst ein Guthaben in einer virtuelle Spielwährung erwerben, mit der dann das gewünschte virtuelle Gut bezahlt wird.

In dem vom LG Karlsruhe entschiedenen Fall hatte die beklagte Spielanbieterin im Bestellprozess die Spieler darauf hingewiesen, dass sie mit Klick auf „Jetzt kaufen“ der sofortigen Vertragsausführung zustimmen und erklären, sie wüssten, dass dadurch ihr Widerrufsrecht erlischt. Die Klägerin hielt dies für wettbewerbswidrig und mahnte die Beklagte ab. Ihrer Auffassung nach handelt es sich bei der Spielwährung nicht um digitale Inhalte, sondern um ein Zahlungsmittel, sodass das Widerrufsrecht nicht unter den Bedingungen des § 356 Abs. 5 BGB bei Beginn der Vertragsausführung erlöschen kann.

Die Entscheidung des Gerichts

Das angerufene Landgericht Karlsruhe gab der Klage statt. Für das Gericht handelt es sich bei der Spielwährung allerdings durchaus um digitale Inhalte im Sinne von § 356 Abs. 5 BGB. Die Spielwährung sei ein fester Bestandteil des Computerspiels und damit selbst digitaler Inhalt. Sie erweitere die Handlungs- und Spielmöglichkeiten des Spielers und könne aus diesem nicht sinnvollerweise herausgelöst werden, weil sie nicht auf andere Spiele oder Spieler übertragen werden könne. Daher könne das Widerrufsrecht des Verbrauchers grundsätzlich auch unter den Voraussetzungen des § 356 Abs. 5 BGB entfallen, d.h. wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, und seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.

Für das Landgericht handelte die Beklagte aber gleichwohl wettbewerbswidrig. Denn die Bestätigung des Verbraucher muss nach Auffassung des Gerichts zeitlich nach dem Vertragsabschluss eingeholt werden und kann nicht bereits durch Anklicken des “Jetzt kaufen”-Buttons miterklärt werden. Diese Auffassung begründet das Gericht damit, dass ein Widerrufsrecht nur erlöschen könne, nachdem es zunächst entstanden ist, was wiederum einen vorherigen Vertragsschluss voraussetzt. Mit dem Anklicken erklärt der Verbraucher lediglich sein Angebot, das für einen wirksamen Vertragsschluss erst noch vom Unternehmer angenommen werden muss.

Bewertung & Praxisempfehlung

Die Einordnung virtueller Spielwährung als digitale Inhalte bietet Spielanbietern zumindest die Möglichkeit unter den Voraussetzungen des § 356 Abs. 5 BGB das Widerrufsrecht kurzfristig zum Erlöschen zu bringen. Von dieser Möglichkeit sollten sie jedoch auch Gebrauch machen, da gemäß § 357 Abs. 9 BGB der Verbraucher im Falle eines Widerrufs für digitale Inhalte keinen Wertersatz zu leisten hat.

Nicht überzeugend sind hingegen die Ausführungen des Landgerichts zum vermeintlich erforderlichen Zeitpunkt der Bestätigung des Verbrauchers. Schon die Aussage, der Verbraucher würde bereits mit Anklicken des “jetzt kaufen”-Button sein Widerrufsrecht verlieren, ist unzutreffend. Denn mit Anklicken erklärt er lediglich, dass ihm bewusst ist, dass er mit Beginn der Vertragsausführung durch den Unternehmer (also nach Vertragsschluss) sein Widerrufsrecht verlieren wird. Ferner fordert § 356 Abs. 5 BGB auch lediglich, dass die Bestätigung des Verbrauchers vor Beginn der Vertragsausführung zu erfolgen hat. Dass sie dagegen zusätzlich zeitlich nach Vertragsschluss liegen muss, ergibt sich aus der Norm keinesfalls.