Trademarks & Designs – Folgen eines möglichen BREXIT

Von Dr. Burkhard Führmeyer & Dr. Ulrike Grübler

Am 23. Juni 2016 stimmt Großbritannien über den Verbleib des Landes in der Europäischen Union ab. Eine mehrheitliche Entscheidung für den Ausstieg wird mit großer Wahrscheinlichkeit zur Folge haben, dass Großbritannien die Europäische Union auf absehbare Zeit verlässt. Marken- und Designrecht ist einer der Bereiche des Europäischen Wirtschaftsrechts, der durch Rechtsinstitute wie die Unionsmarke und das Gemeinschaftsgeschmacksmuster weitreichend harmonisiert sind. Die Entflechtung Großbritanniens aus diesem System kann daher einschneidende Folgen für Inhaber von Marken und Designs in der EU haben. Einige der drängendsten Fragen haben wir zusammen gestellt.

English Summary

BREXIT: Impacts on Trademark and Design Law 

Trademark and Design Law is widely harmonized by European Law. The so-called BREXIT, the exit of Great Britain from the EU, will have a deep impact for EU trademark and design owners. There will be no immediate consequences for existing EU trademarks and designs, because the referendum as such does not immediately change the status of Britain as EU Member State. Registrations of EU trademarks and designs will – for the time being – still be effective with the current scope of protection. If Great Britain does pursue its leave further, it will have to negotiate an exit procedure with the EU. Irrespective these discussions, it is already certain that the scope of EU trademarks and designs will not cover the territory of Great Britain anymore once Great Britain has left the EU.

 

Welche unmittelbaren Folgen hat ein “Ja” der Briten zum BREXIT im Europäischen Marken- und Designrecht?

Der Ausgang der Volksabstimmung hat keine unmittelbaren Folgen, da die Abstimmung die Rechtsposition Großbritanniens als EU-Mitgliedsstaat nicht unmittelbar berührt. Unionsmarken bzw. Gemeinschaftsgeschmacksmuster behalten aus diesem Grund erst einmal ihren Schutzumfang und können auch nach dem 23. Juni 2016 weiter mit Schutz für Großbritannien angemeldet werden. Auch für gerichtliche Verfahren gibt es erst einmal keine Veränderungen.

Welche mittelbaren Auswirkungen wird der Ausstieg der Briten aus der EU für bestehende Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster haben?

Nach einer positiven Abstimmung werden Großbritannien und die EU in Ausstiegsverhandlungen eintreten, in deren Rahmen über die Entflechtung Großbritanniens aus der EU verhandelt wird. Im Laufe dieser Gespräche und abhängig von den Ergebnissen der weiteren Verhandlungen wird sich ergeben, welche konkreten Auswirkungen der BREXIT für Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster hat. Fest steht zum jetzigen Zeitpunkt, dass der Schutzumfang von Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern bei einem Austritt nicht mehr das Gebiet von Großbritannien umfassen wird. Es wird erwartet, dass Großbritannien für bestehende Registrierungen ein gleichwertiges nationales Pendant schafft. Denkbar ist z.B., dass neben der Unionsmarke beim britischen Markenamt (IPO) eine nationale Marke mit identischem Umfang und gleicher Priorität eingetragen werden kann. Unter welchen Voraussetzungen dies geschieht und ob dies mit weiteren Kosten verbunden sein wird, ist aktuell nicht absehbar.

Wie wird in Zukunft mit Anmeldungen für Unionsmarken- und Gemeinschaftsgeschmacksmustern umzugehen sein?

Ab dem tatsächlichen Ausscheiden von Großbritannien aus der EU wird der Schutzumfang einer Unionsmarken- bzw. Gemeinschaftsgeschmacksmusteranmeldung nicht mehr das Gebiet von Großbritannien umfassen. Marken- und Designschutz für Großbritannien kann daher nur über nationale Anmeldungen oder entsprechende Internationale Registrierungen erlangt werden. Wie mit Anmeldungen umzugehen ist, die während der Austrittsverhandlungen initiiert wurden, muss abgewartet werden. Da Großbritannien zum Zeitpunkt der Anmeldung noch EU-Mitgliedsstaat war, ist es auch hier wahrscheinlich, dass der Marken- und Designschutz für Großbritannien durch parallele nationale Registrierungen abgesichert werden kann. Auch für diese Konstellation wird es für möglich gehalten, dass sich Inhaber derartiger Anmeldungen für die nationalen Rechte auf den inhaltlichen Schutzumfang der EU-Anmeldungen einschließlich deren Priorität berufen können.

Welche Auswirkungen wird der BREXIT auf gerichtliche Verfahren im Marken- und Designrecht haben?

Im Rahmen der Ausstiegsverhandlungen zwischen der EU und Großbritannien wird auch geklärt werden, wie mit laufenden sowie abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren mit EU-Bezug umzugehen ist (z.B. Vorlagen britischer Gerichte vor dem EuGH, EU-weite gerichtliche Verbote). Fest steht auch hier, dass mit dem Vollzug des Austritts vor britischen Gerichten keine gerichtlichen Titel mit Schutzwirkung für die EU mehr erwirkt werden können. Der Schutzumfang von in (anderen) EU-Mitgliedsstaaten erwirkten Urteilen oder Beschlüssen mit Schutz für die ganze EU wird sich aller Voraussicht nach ebenfalls nicht mehr auf Großbritannien erstrecken. Interessant wird sein, wie der Schutzumfang von bereits rechtskräftigen Titeln mit EU-weitem Schutz im Hinblick auf Großbritannien nach dem Austritt bewertet wird, da Rechteinhaber abhängig von dieser Bewertung ggf. wieder tätig werden müssen.

Hat der Austritt von Großbritannien auch Auswirkungen auf die Vertretung im Marken- und Designrecht?

Vor dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) dürfen grundsätzlich nur Rechtsanwälte aus EU-Staaten, Vertreter von in der EU niedergelassenen juristischen oder natürlichen Personen, gesondert zugelassene Vertreter bzw. in Angelegenheiten betreffend Unionsmarken zusätzlich Anwälte aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auftreten. Ob britische Anwälte bzw. Vertreter von in Großbritannien beheimateten Unternehmen oder natürliche Personen weiterhin vertretungsberechtigt sind, wird daher ebenfalls vom Ergebnis der Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien abhängen.